Hinweis: Dieser Artikel ist ein Teil der Artikelserie: „Buchrezension: Handbuch Meditation

Rückblick zu Teil II

Teil II der Buchzusammenfassung Handbuch Meditation knüpft unmittelbar an den ersten Teil der Zusammenfassung an. Ausgangspunkt ist die auf Stufe zwei entwickelte Fähigkeit, die Aufmerksamkeit besser auf dem Meditationsobjekt halten zu können. Trotz dieser Fähigkeit kommt es immer mal wieder zu Momenten des Vergessens. Dieses Problem wird auf Stufe drei angegangen, indem sowohl die Aufmerksamkeit, als auch das introspektive Gewahrsein gezielt weiterentwickelt werden. Für die Aufmerksamkeit wird erneut auf die Technik des Folgens zurückgegriffen, zusätzlich stellt Culadasa die fortgeschrittene Technik des Verbindens vor. Das introspektive Gewahrsein wird durch die Techniken des Benennens und Nachsehens gefördert.

Auf Stufe drei kommt es zusätzlich zu den Problemen des körperlichen Schmerzes und der Dumpfheit. Während man ersteres vor allem ignorieren sollte, sollte man der Dumpfheit mit gezielten Gegenmaßnahmen begegnen. Diese können von einer verstärkten Atmung bis zum Aufstehen (inkl. Spritzen von kaltem Wasser ins Gesicht) reichen.

Sind alle Hindernisse von Stufe drei überwunden, ist die Aufmerksamkeit deutlich stabiler als zuvor. Trotzdem kommt es immer wieder zu kurzzeitigen Ausflügen und Phasen des geistigen Abschweifens. Diese werden auf Stufe vier angegangen. Dazu definiert Culadasa zwei Problemfelder: grobe Ablenkungen und starke Dumpfheit. Um groben Ablenkungen zu begegnen, ist das introspektive Gewahrsein weiter auszubauen und kontinuierlich aufrechtzuerhalten. Entdeckt das introspektive Gewahrsein grobe Ablenkungen ist, wie gehabt, die Aufmerksamkeit neu auszurichten und durch die Techniken des Folgens und Verbindens weiter zu stärken. Während dieses Prozesses können auf dieser Stufe hartnäckige Ablenkungen auftreten, die Schmerz, vermeintlich brillante Einsichten und starke Emotionen beinhalten. All diese Ablenkungen sind zunächst zu ignorieren – sollte das nicht möglich sei, sollte man mit diesen gezielt arbeiten. Starker Dumpfheit ist vor allem mit der wiederholten Anwendung der Gegenmittel von Stufe drei zu begegnen.

Im letzten Kapitel von Teil II wird ein neuen Bewusstseinsmodells eingeführt. In diesem Modell wird die gesamte Wahrnehmung auf sieben verschiedene Bewusstseinsmomente reduziert, die jeweils entweder ein Moment der Aufmerksamkeit oder ein Moment des Gewahrseins sind. Mithilfe dieses Modells lassen sich die bisherigen Meditationserfahrungen präziser einordnen und erklären.

Stufe fünf: Stabile subtile Dumpfheit überwinden und die Achtsamkeit steigern

fünfte Stufe vom Buch Meditation

Mit erfolgreichem Durchlaufen von Stufe vier wurden grobe Ablenkungen, starke Dumpfheit und progressive subtile Dumpfheit überwunden. Die Aufmerksamkeit ist nun sehr viel stabiler, wird aber noch von subtilen Ablenkungen und stabiler subtiler Dumpfheit beeinflusst.

Auf Stufe fünf geht es darum, die stabile subtile Dumpfheit anzugehen. Zusätzlich soll auch die Achtsamkeit weiter ausgebaut werden.

Subtile Dumpfheit überwinden

Merkmale subtiler Dumpfheit

Die mittlerweile deutlich stabilere Aufmerksamkeit wird auf dieser Stufe ein Problem: Durch die stabile Aufmerksamkeit bleiben Reize (wie bspw. grobe Ablenkungen) aus und man wird anfällig, in die stabile subtile Dumpfheit hineinzugleiten. Subtile Dumpfheit besitzt drei wesentliche, gemeinsam entstehende Merkmale:

Abnahme der Klarheit des Meditationsobjekts

Zunächst einmal nehmen die Deutlichkeit und Klarheit des Meditationsobjekts ab. Dies ist auch bei einer Zunahme von subtilen Ablenkungen der Fall, weshalb Erfahrungen im Umgang mit subtilen Ablenkungen bei der subtilen Dumpfheit helfen können.

Schwinden des peripheren Gewahrseins

Im Weiteren schwinden das extraspektive und introspektive periphere Gewahrsein. Das Schwinden des introspektiven Gewahrseins bildet dabei ein Dilemma: Denn das introspektive Gewahrsein wird zum Erkennen von subtiler Dumpfheit benötigt, ist dazu aber nur schwerlich in der Lage, da es selbst von subtiler Dumpfheit erfasst wird.

Entstehung eines angenehmen Gefühls

Zu guter Letzt entsteht ein entspanntes, angenehmes Gefühl. Dieses angenehme Gefühl ist nicht mit den angenehmen Zuständen der Meditation zu verwechseln, die mit zunehmendem Fortschritt auftreten. Subtile Dumpfheit ist eher warm, weich und ruhig, Flowzustände in der Meditation sind dagegen von einer heiteren, klaren und wachen Freude gekennzeichnet. 

Subtile Dumpfheit erkennen

Wie in den Merkmalen zur subtilen Dumpfheit ausgeführt, führt das Schwinden des peripheren Gewahrseins dazu, dass man die subtile Dumpfheit nur schwer erkennen kann. Hilfreich ist daher, subtile Dumpfheit auch anderweitig erkennen zu können. Das funktioniert bspw. über Momente, in denen unwillkürliche Reaktionen auftreten. Ist man achtsam, d.h. ist das Gewahrsein bei gleichzeitiger Aufmerksamkeit stabil (Vgl. Achtsamkeit, erstes Zwischenspiel), ist es schwer erschreckt oder überrascht zu werden. Im Umkehrschluss sind Momente in denen unwillkürliche Reaktionen auftreten, unachtsam und von Dumpfheit geprägt. Solche Momente können sein:

  • Aufschrecken bei einem plötzlichen Geräusch
  • Gefühl der Überraschung bei einem plötzlichen tiefen Atemzug
  • plötzliche Korrektur der Haltung, wenn man zusammensackt

In diesen Momenten gilt es zu reflektieren, wie die Meditation kurz vor diesen Momenten war, um Charakteristika von subtiler Dumpfheit ausfindig zu machen. Neben den unwillkürlichen Reaktionen sollte man auch ab und an bewusst nachsehen und das gegenwärtige Gewahrsein und die Aufmerksamkeit mit vorherigen klaren und wachen Momenten vergleichen. Auch nach Beendigung einer Meditationssitzung sollte man diese noch einmal auf Zeichen subtiler Dumpfheit überprüfen. Ist man nach einer Meditationssitzung eher träge und benommen, ist man wahrscheinlich in Zustände von Dumpfheit abgeglitten.

Der beste Weg, um subtile Dumpfheit zu erkennen, ist jedoch das introspektive Gewahrsein über eine verstärkte Absicht aufrechtzuerhalten. Diese Absicht sollte umfassen, dass man zu jeder Zeit dessen gewahr ist, was im Geist geschieht, während man gleichzeitig das Meditationsobjekt klar und intensiv beobachtet.

Subtile Dumpfheit überwinden

Wendet man all die beschriebenen Mittel regelmäßig an, erkennt man subtile Dumpfheit immer zuverlässiger. Sobald man subtile Dumpfheit erkannt hat, sollte man die Beobachtungsschärfe erhöhen. Das kann über Techniken wie das Folgen und Verbinden geschehen. Gerade letztere Technik kann äußerst nützlich sein, um Zusammenhänge zwischen Veränderungen des Atems und dem Grad an geistiger Wachheit bzw. Dumpfheit herzustellen. Eine weitere hilfreiche Technik umfasst das bewusste Erweitern des Aufmerksamkeitsbereich auf Körperempfindungen. Durch den vergrößerten Aufmerksamkeitsbereich entsteht mehr geistige Energie, was subtiler Dumpfheit entgegenwirkt.

Insgesamt gilt festzuhalten, dass sich nie auf subjektive Gefühle von Wachsamkeit und Klarheit verlassen werden sollte, sondern immer die Qualität von Gewahrsein und Aufmerksamkeit untersucht werden sollte.

 

Achtsamkeit durch Scannen des Körpers steigern

Das zweite Zeil dieser Stufe ist die Weiterentwicklung der Achtsamkeit. Bisher wurde Achtsamkeit ausschließlich über die Absicht trainiert, ein klares peripheres Gewahrsein beizubehalten, während die Aufmerksamkeit beim Meditationsobjekt gehalten wird. Nun führt Culadasa eine weitere Technik zum Trainieren der Achtsamkeit ein: Den Körperscan.

Den Körperscan unterteilt Culadasa in vier Schritte:

1. Verlagerung der Aufmerksamkeit auf den unteren Bauchbereich

Zunächst verlagert man die Aufmerksamkeit von der Nasenspitze zur Oberfläche des unteren Bauchbereichs. Dort fokussiert man sich auf die mit dem Atem verbundenen Empfindungen selbst (nicht auf Begriffe!) und nimmt die Änderungen in den Empfindungen wahr.

2. Erneute Verlagerung der Aufmerksamkeit

Während man die Atemempfindungen im Unterbauch im peripheren Gewahrsein behält, richtet man den Fokus auf die Empfindungen einer vom Unterleib weit entfernten Körperstelle. (Bspw. auf einen Fuß). Dort untersucht man Stelle für Stelle die Empfindungen im Fuß, ehe man dann den Fokus auf die Wade und schließlich das Bein richtet.

Beim Untersuchen gilt es jeweils darauf zu achten, ob an den verschiedenen Stellen Atemempfindungen wahrnehmbar sind.

3. Untersuchung weiterer Körperstellen

Schließlich versucht man, die Empfindungen im gesamten Fuß zu erkunden und dann den zweiten Fuß dazu zu nehmen. Anschließend untersucht man in dieser Weise beide Beine und dann den ganzen Körper: Erst untersucht man einzelne Stellen, dann immer größere Bereiche und schließlich ganze Körperregionen.

Ziel der Übung sollte sein, dass man in jedem Teil des Körpers Atemempfindungen wahrnehmen konnte.

4. Zurückverlagerung der Aufmerksamkeit

Sobald man bemerkt, dass man die Dinge sehr viel sensibler wahrnimmt, sollte man den Fokus wieder auf die Atemempfindungen im Bereich der Nase zurückverlagern. Die Aufmerksamkeit und das introspektive Gewahrsein sollten nun deutlich besser sein. Diesen Zustand gilt es solange wie möglich beizubehalten – sobald er schwindet, sollte man den Körperscan wiederholen.

Der Körperscan insgesamt ist sehr ermüdend, weshalb Culadasa dazu rät, diesen zu üben, wenn man klar und wach ist.

Die Stufe fünf ist insgesamt geschlossen, wenn man in der Meditation nahezu durchgehend das Meditationsobjekt in all seinen Details deutlich wahrnehmen kann, die Aufmerksamkeit, das introspektive und extraspektive Gewahrsein aufrechterhält und man nicht mehr in die stabile subtile Dumpfheit hinabgleitet.

In Ergänzung dazu ist eine starke Achtsamkeit vorhanden, die sich im Verlauf jeder Meditationssitzung steigert.

 

Fünftes Zwischenspiel: Das Geistsystem

fünftes zwischenspiel vom buch meditation

Im vierten Zwischenspiel wurde das Bewusstsein in Form des Modells der Bewusstseinsmomente näher behandelt. In diesem Zwischenspiel wird das Bewusstsein in ein komplexeres Modell eingebettet: Das Geistsystem. Dieses entstammt der buddhistischen Schule des Yogacara. Demzufolge besteht der Geist aus mehreren Teilen, die zusammen ein System aus wechselseitig verbundenen Prozessen abbilden.

Im Konkreten besteht der Geist aus dem Bewusstsein oder „dem bewusste Geist“ (wie es im Geistsystem bezeichnet wird) und dem unbewussten Geist. Letzterer ist in weitere Teile gegliedert, die als Untergruppen des unbewussten Geistes bezeichnet werden.

Der bewusste Geist

Der bewusste Geist ist der direkt erfahrbare Teil der Psyche und bildet den sehr viel kleineren Teil des Geistes ab. Er fungiert als eine Art Raum, in dem die Informationen der verschiedenen unbewussten Untergruppen in Form von den sieben Bewusstseinsmomenten ausgetauscht werden. Dieser Raum ist notwendig, da die Geist-Untergruppen des unbewussten Geistes unabhängig voneinander agieren und es so leicht zu Chaos kommen könnte.

Analog zum Modell der Bewusstseinsmomente kann in dem „Raum des Bewusstseins“ immer nur ein Bewusstseinsmoment (bestehend aus Information und Absicht) auf einmal zugänglich gemacht werden. Der Bewusstseinsmoment kann von allen Untergruppen simultan verarbeitet werden. Dabei haben die Untergruppen unterschiedliche Möglichkeiten zu reagieren. Die Untergruppen können:

  • eigene gespeicherte Informationen (von vorherigen Bewusstseinsmomenten) modifizieren
  • eigene neue Informationen ins Bewusstsein projizieren (für andere Untergruppen) ODER
  • eines ihrer vorhandenen motorischen Reaktionsprogramme aktivieren

Kommt am Ende des Prozesses ein Konsens der Untergruppen zum initial zugänglich gemachten Bewusstseinsmoment (bestehend aus Information und Absicht) zustande, wird die mit der Absicht verbundene Handlung ausgeführt.

Im Folgenden werden die wichtigen Teile und Untergruppen des unbewussten Geistes vorgestellt und der Prozess der Informationsverarbeitung in den Untergruppen Schritt für Schritt erläutert.

Der unbewusste Geist

Während der bewusste Geist als Projektionsfläche für erzeugte Informationen dient, umfasst der unbewusste Geist alle im Hintergrund laufenden Aktivitäten. Er ist weiter unterteilt in einen sensorischen und unterscheidenden Geist. Beide Teile des unbewussten Geistes umfassen weitere Geist-Untergruppen, die simultan und autonom arbeiten.

Der sensorische Geist

Der sensorische Geist befasst sich nur mit Informationen, die über die physischen Sinne kommen. Er beinhaltet entsprechend fünf Geist-Untergruppen, die für die jeweiligen Sinne zuständig sind (visueller Geist, auditiver Geist etc.). In Bezug auf das Modell der Bewusstseinsmomente werden hier die Bewusstseinsmomente der Sinne erzeugt.

Die sensorischen Untergruppen arbeiten wie folgt: Kommen unverarbeitete Informationen über die Sinne rein, werden diese verarbeitet, interpretiert und geistige Repräsentationen, sogenannte Perzepte, erstellt. Diese Perzepte werden kategorisiert, analysiert und hinsichtlich ihrer unmittelbaren Wichtigkeit bewertet.

Anhand eines Beispiels lässt sich das Ganze wie folgt beschreiben:

1 Zunächst verarbeitet bspw. die visuelle Untergruppe Informationen, die sie von den Augen erhält. Es kann sich dabei bspw. um einen Sinneseindruck aus der Umgebung handeln.

2 Basierend auf dieser Rohinformation wird ein Perzept erstellt, bspw. „ein schnell bewegendes schwarz weißes Ding“.

3 Dieses Perzept wird nun vom visuellen Geist. als „schwarz-weißer fliegender Vogel“ kategorisiert und als „überraschend“, aber nicht bedrohlich bewertet.

4 Anschließend werden die Perzepte mit Gefühlen (angenehm/unangenehm/neutral) angereichert und ggf. automatische Reaktionen abgerufen. In unserem Beispiel könnte der Vogel als angenehm wahrgenommen werden, aber wahrscheinlich keine automatische Reaktion zur Folge haben (Bsp.: man dreht den Kopf, um dem Vogel folgen zu können)

Auf diese Weise werden viele hereinkommende Informationen verarbeitet, jedoch werden nicht alle Informationen ins Bewusstsein projiziert. Die einzelnen Blätter an einem Baum oder vorbeiziehende Wolken werden bspw. eher selten ins Bewusstsein projiziert. Tatsächlich wird der Großteil der hereinkommenden Informationen auf einer unbewussten Ebene ausgesiebt, ohne dass man davon etwas mitbekommt.

Die Informationen, die jedoch ins Bewusstsein projiziert werden, stehen dem unterscheidenden Geist zur Verfügung.

Der unterscheidende Geist

Der unterscheidende Geist bzw. seine Untergruppen verarbeiten die Informationen weiter und ergänzen diese durch geistige Objekte (Gedanken, Vorstellungen, Emotionen etc.), (=Geistsinn, Vgl. Modell der Bewusstseinsmomente) Diese werden wiederum (erneut) mit Gefühlen des Vergnügens und Missvergnügens angereichert. Diese Gefühle führen zu Verlangen oder Abneigung, was zur Quelle von Absichten wird. Die Absichten werden inkl. der bisher erzeugten Informationen ins Bewusstsein projiziert.

Anhand des Beispiels mit dem Vogel lässt sich die Weiterverarbeitung im unterscheidenden Geist wie folgt fortsetzen:

5 Der im sensorischen Geist erkannte Vogel kann im unterscheidenden Geist mit Erinnerungen angereichert werden und in ein spezifischeres konzeptuelles Objekt umgewandelt werden, bspw.: Elster.

6 Es kommt ggf. zu einem erneuten angenehmen Gefühl, weil man den Vogel erkannt hat und ihn schön findet.

7 Diese Gefühle führen zu dem Verlangen, den Vogel weiter anzuschauen, woraus die Absicht entspringt, dem Vogel mit den Augen zu folgen.

Der erzählende Geist

An nächster Stelle wird der erzählende Geist involviert. Dieser bildet eine Untergruppe des unterscheidenden Geistes. Der erzählende Geist kombiniert alle bisher zur Verfügung gestellten Informationen zu einer sinngebenden Zusammenstellung und erzeugt darauf basierend den Bindungsbewusstseinsmoment (=Bindungsbewusstsein, Vgl. Modell der Bewusstseinsmomente).

In unserem Beispiel sind die vorangegangenen Momente alle alleinstehend gewesen: Es erfolgt eine visuelle Information (sensorischer Geist), diese wird interpretiert, daraufhin folgt ein Moment der Freude (unterscheidender Geist). Der erzählende Geist kombiniert diese Eindrücke zu kausal verknüpften Momenten:

8 ‚Ich habe es gesehen, ich habe es erkannt, ich hatte Freude daran.‘

Der erzählende Geist bedient sich für das Erschaffen von Bindungsbewusstseinsmomenten den fiktiven Konstrukten des „Ich“ und „Es“. Diese werden genutzt, um die Informationen sinnvoll auseinanderhalten zu können. An dieser Stelle kommt es jedoch zu einem Problem: Der unterscheidende Geist deutet die fiktiven Konstrukte als real und substanziell fehl und sieht das „Ich“ des erzählenden Geistes als Ego-Selbst und das „Es“ als Ursache für entstehende angenehme oder unangenehme Gefühle. Das führt auch an dieser Stelle zu Absichten, die ihre Quelle in Verlangen und Abneigung haben:

9 ‚Ich sehe den Vogel, bin deshalb glücklich und will ihn daher besitzen.‘

Hier hört der Prozess jedoch nicht auf, sondern beginnt erst wirklich: Der unterscheidende Geist greift auf gespeicherte Informationen (Erinnerungen) zurück und verarbeitet den Output des erzählenden Geistes damit weiter. Die ergebenden Konstrukte werden bei zukünftigen Wahrnehmungen und Interpretationen genutzt und lösen außer der bisherigen emotionalen Reaktion auch Verlangen und Abneigung aus, die das Ego-Selbst schützen und fördern sollen. An dieser Stelle kommt dann wieder der erzählende Geist ins Spiel, der die „selbst“ bezogenen Gedanken und Emotionen zu einer neuen Geschichte spinnt.

Mit anderen Worten: Aus den fiktiven Konstrukten „Ich“ und „Es“ ergibt sich eine völlig neue Dynamik, die zu immer größeren Luftschlössern führt.

Anwendungen des Geistsystems

Basierend auf den bisherigen Ausführungen zur Funktionsweise des Geistsystems geht Culadasa nun auf konkrete Anwendungen des Geistsystems ein.

Durchführung einer Handlung über längere Zeit

Eine Fragestellung, die Culadasa dazu aufwirft, ist, wie Handlungen wie bspw. die Meditation über längere Zeit durchgeführt werden können. Dazu führt Culadasa aus:

Ausgangspunkt jeder Handlung sind Informationen und Absichten der verschiedenen Untergruppen, die einzeln und nacheinander ins Bewusstsein projiziert werden. Diese Informationen und Absichten werden von den Untergruppen gegeneinander abgewogen und es wird versucht, einen Konsens zu einer Absicht finden. Haben sich die Untergruppen schließlich auf eine Absicht geeinigt, wird die damit einhergehende Handlung (bspw. die Meditation) ausgeführt.

Damit diese Handlung nun über längere Zeit durchgezogen wird, bedarf es eines breiten, langanhaltenden Konsens der Geist-Untergruppen. Darüber hinaus sollte eine direkte Erfahrung der positiven Auswirkung der Handlung spürbar sein. Dies ist wichtig, da die Wirkungen des Handelns beurteilt werden und bei positivem Ergebnis die Absichten durch einen stärkeren Konsens verstärkt werden. 

Je häufiger dieser starke Konsens hergestellt wird, desto mehr stellt sich schließlich ein Programmierungseffekt ein.

Culadasa formuliert dazu ein allgemeines Prinzip:

„Bewusste Absichten, die wiederholt ausagiert werden, führen schließlich zu automatischen Handlungen, die nicht mehr einer bewussten Absicht bedürfen.“

Erfahrung des Bewusstseins

Auch auf die Erfahrung des Bewusstseins geht Culadasa kurz ein: In den bisherigen Beschreibungen habe sich bereits ergeben, dass das Bewusstsein nichts anderes sei, als die Aktivitäten der Untergruppen, die über den bewussten Geist Inhalte empfangen und (zurück-)geben. 

Bewusst ist in diesem Sinne nur das Geistsystem insgesamt. Ein übergeordneter Manager, der wahrnimmt und entscheidet, existiert nicht.

Vereinigung des Geistes

Zu guter Letzt betont Culadasa, dass für das Geistsystem insgesamt, starke Glücks- und Zufriedenheitsgefühle besonders wichtig sind. Diese entstehen, wenn das Geistsystem geschlossen als integriertes und harmonisches Ganzes zusammenarbeitet, was als Vereinigung des Geistes bezeichnet wird. Die Vereinigung des Geistes vollzieht sich, wenn sich immer mehr Untergruppen um die gleiche bewusste Absicht vereinen.

Ist der Geist schließlich ausreichend geeint, haben alle inneren Konflikte ein Ende: Stabile Aufmerksamkeit und Achtsamkeit sind mühelos.

Hinweis zu –  Handbuch Meditation: Dieser Artikel ist Teil der Artikelserie „Buchrezension: Handbuch Meditation„.

hier geht es zu Teil IV:

weitere Teile:

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