Hinweis: Dieser Artikel ist ein Teil der Artikelserie: „Meditationstagebuch

Einleitung

Es sind mittlerweile über 16 Wochen vergangen, seit ich mit dem Führen eines Meditationstagebuch angefangen habe. Wie in Meditationswoche 16 beschrieben, werde ich nun bis auf weiteres kein Meditationstagebuch mehr führen. Eine gute Gelegenheit also, um die letzten Wochen und Monate Revue passieren zu lassen, auszuwerten (bin irgendwo auch ein Zahlen- und Statistikfetischist) und meine initialen Erwartungen an das Meditationstagebuch abzugleichen. Um den Rahmen des Beitrags nicht zu sprengen, ist der Beitrag in zwei Teile aufgeteilt:
  • Der erste Teil des Beitrags (diese Seite) zeigt meine Erfahrungen der 16 Meditationswochen auf. Die Themen, die aufgekommen sind, sind chronologisch geordnet – überlappen sich aber zwangsweise, da nicht jedes Thema mit einem neu aufkommenden Thema abgeschlossen ist.
  • Der zweite Teil des Beitrags nähert sich meinen Erfahrungen des Meditationstagebuchs von analytischer Seite. Hier kommen alle Zahlenfetischisten (mich eingeschlossen) zu Potte. Neben der Häufigkeit der verschiedenen Emotionen habe ich zusätzlich auch die Meditationen In Bezug auf die Häufigkeit und Dauer ausgewertet

Warum hatte ich das Meditationstagebuch angefangen?

Das Meditationstagebuch habe ich aus folgenden Gründen angefangen (siehe auch: Warum ich ab sofort ein Meditationstagebuch führe):

  • ich wollte mir den Prozess besser bewusst machen und nicht schon durch „kleine Hindernisse“ die Lust an der Meditation verlieren
  • das Meditationstagebuch sollte es erleichtern, eigene Fortschritte und die eigene Entwicklung zu erkennen

Ich glaube, beide Gründe sind zumindest ein Stück weit eingetreten: Ich konnte wesentlich besser Aufs und Abs meiner Meditationssitzungen nachvollziehen, verstehen, welche Themen mich in den jeweiligen Wochen und sogar Tagen besonders bewegten und an diesen Dingen gezielt arbeiten.

Bezogen auf die Motivation war das Meditationstagebuch ein zweischneidiges Schwert: Einerseits hat es mich motiviert, länger zu meditieren und nicht so schnell aufzugeben. Andererseits hat das Meditationstagebuch gerade am Anfang, die Überwindung zu meditieren, erhöht. Denn statt „nur zu meditieren“ hat jede Meditation impliziert, dass ich mir vor und nach der Meditation Notizen mache. Zugute kam mir an dieser Stelle, dass ich bereits vor dem Meditationstagebuch täglich meditierte – dennoch: das Meditationstagebuch war zunächst eine Umstellung. Doch genug mit dem Geplänkel:

Wie sind die Wochen konkret verlaufen?

Zunächst einmal finde ich es spannend, meine Einschätzungen zu den einzelnen Wochen erneut zu lesen: Denn es verdeutlicht mir noch einmal, was für eine „Reise“ letztlich hinter mir liegt.

Achtsamkeit im Alltag – unerlässlich

Gerade die erste Meditationswoche finde ich sehr interessant: Hier wurde mir zum ersten Mal wirklich klar, wie unterschiedlich Meditationen verlaufen – und was für ein Wechselbad der Gefühle ich bei jeder Meditation durchlaufe. Ganz passend dazu wird im Zen der Verlauf und der Geist innerhalb der Meditation gerne als „Überraschungsgeist“ bezeichnet. Man setzt sich hin und weiß nie, was wirklich aufpoppen wird… man lässt sich überraschen. In der ersten Meditationswoche konnte ich diese Aussage das erste Mal wirklich nachempfinden.

Und ich konnte auch gleich ein Thema identifizieren, dass meines Erachtens nach zentral für eine gute Meditation ist: Achtsamkeit im Alltag. Ich merkte, dass ich an vielen Tagen unachtsam, unruhig und gar müde und kränklich war. Und ich verstand: Wenn man Achtsamkeit nur auf die Meditation erstreckt und den restlichen Tag unachtsam verbringt, macht man es sich ziemlich schwer in der Meditation. Denn irgendwo trainiert man sich die Unachtsamkeit den restlichen Tag über an. Das gilt meiner Meinung nach auch für andere Ziele: Wenn man sich bspw. eine bessere Körperhaltung angewöhnen möchte und sich dafür 15 min. Zeit am Tag nimmt, in denen man aufrecht auf einem Stuhl sitzt, reicht das nur bedingt. Denn wenn man die restliche Zeit in sich zusammensackt und wie der Glöckner durch die Weltgeschichte tourt, haben die 15 min. Körperhaltungstraining wenig Chance, sich durchzusetzen.

Ein zentrales Ziel, das ich daher bereits in der ersten Woche ableitete: Mehr Achtsamkeit in den Alltag hineinbekommen. Dieses Ziel verfolgte ich in den kommenden Wochen mehr oder weniger:

Ich achtete darauf mir achtsam die Zähne zu putzen, morgens nicht gleich aufs Handy zu schauen und gerade nach der Arbeit oder nach einer erledigten Aufgabe mir 5 min. Zeit zu nehmen, in denen ich mich hinsetzte und „nichts“ machte.

Dennoch: Allzu oft war ich noch in Gedanken, abgelenkt oder anderweitig unachtsam – auch die kommenden Wochen noch. Daher ist dieses Thema ein Thema, das ich trotz aller Verbesserungen konsequent weiterverfolgen möchte.

Meditationen tun gut – fast immer

Abseits dieses Themas gab es eine Vielzahl an anderen Themen, die die ersten Wochen prägten. In der zweiten Woche machte ich deutliche Fortschritte bei meiner Konzentration auf den Atem, nur um in der Woche darauf zu merken, wie meine Meditationen nur am Anfang achtsam sind. Doch abseits des Wirrwarrs in den Meditationen bemerkte ich, dass Meditationen mir danach eigentlich immer gut getan haben – so chaotisch und unachtsam die Meditation auch gelaufen sein mag. Ich glaube, das liegt mitunter an zwei Gründen:

  • gerade wenn Meditationen unachtsam verlaufen ist meine Empfindung, dass sich mein Gehirn einmal „auskotzen“ möchte. Alle aufgestauten Gedanken, Empfindungen u.ä. sollen einmal „aus dem System gespült“ werden. Nach solchen Meditationen empfinde ich dann häufig das komplette Gegenteil: Wenig Gedanken, wenig Emotionen, mehr Ausgeglichenheit
  • das Innehalten ist für Körper und Geist eine Art Erholung. Man sitzt 15-20 min. bewegungslos auf einem Kissen – das bringt zwangsweise Ruhe rein. Nicht umsonst ist ein ruhiggesteller Körper die Vorbedingung für einen ruhigen Geist; selbst wenn der Geist dann nicht ruhig ist, ist es zumindest der Körper gewesen – was einem so oder so gut tut

Meditationsfokus verändert sich

Gerade die positiven Gefühle nach der Meditation waren eine gute Motivation, weiter zu meditieren. Ab der 4. Woche entwickelte sich meine Meditation zunehmend in eine andere Richtung. Statt ausschließlich und eingrenzend auf den Atem zu achten, erweiterte ich meine Achtsamkeit auch auf die Umgebung. Das kann durchaus auch mit der Studie von Tang zusammenhängen, mit der ich mich in diesem Zeitraum für den Beitrag „Wirkung von Meditation“ tiefergehend auseinandergesetzt habe. In dieser werden weitergehenden (die Umgebung mit einbeziehenden) Meditationen positivere Auswirkungen auf Körper und Geist zugeschrieben, als einer reinen fokussierten Atemmeditation. Doch abseits davon spürte ich unabhängig und vor der Studie bereits an mir selbst, dass ich eine reine Atemmeditation als zu einengend empfinde. Letztlich geht es bei der Meditation, egal um welche Meditationsform es sich handelt, immer um Achtsamkeit. Ob die Achtsamkeit auf den Atem begrenzt oder auf die Umgebung erweitert wird, ist meines Erachtens sekundär. Es geht letztlich darum, dass der Fokus und die Aufmerksamkeit achtsam nachvollzogen werden.

Diese Meditationsform behielt ich die kommenden Wochen bis zum Ende des Meditationstagebuchs bei. 

Meditationsfrequenz

Im gleichen Zeitraum, als ich meine Meditationsart ein wenig anpasste, versuchte ich zudem häufiger, d.h. mehr als einmal am Tag zu meditieren. Dazu setzte ich mir das Ziel in einer Meditationswoche wenigstens an einem Tag min. zweimal zu meditieren. Das konnte ich ab der 5. Meditationswoche umsetzen und hielt das bis zum Schluss des Meditationstagebuchs (mit Ausnahme von der 15. Meditationswoche) durch. Doch an einem Tag zweimal zu meditieren war immer nur als Ausgangspunkt gedacht, um meine Meditationsfrequenz weiter und weiter zu steigern. Konsequenterweise meditierte ich daher ab der 9. Meditationswoche an min. zwei Tagen zweimal, wobei das bereits eine gehörige Herausforderung darstellte. Die 15. und 16. Meditationswoche gelang mir das nicht.

Mit der Meditationsfrequenz insgesamt bin ich dennoch zufrieden: Denn auch wenn ich nicht jeden Tag zweimal meditierte, erreichte ich doch größtenteils meine gesetzten Ziele… und viel wichtiger: ich meditierte zum großen Teil täglich, was für mich das Wichtigste überhaupt darstellt – die Gewohnheit. Alles, was mehr als einmal am Tag war, sehe ich daher als Bonus. 

Balance zwischen Anstrengung und Loslassen

Die Ergebnisse meiner Meditationen veränderten sich fortlaufend. Anknüpfend an meine Änderung der Meditationsart folgte in Woche 5 eine wesentliche Verbesserung: Ich ließ innerhalb der Meditation stärker los. Das äußerte sich vor allem darin, dass ich weniger bewertete und kommentierte, sondern mehr das Geschehen an sich wahrnahm. Mit dieser Änderung ist jedoch ein Drahtseilakt verbunden, der seit der 5. Meditationswoche wieder und wieder auftrat: Die Balance zwischen Anstrengung und Loslassen.

Mit Anstrengung ist gemeint, sich immer wieder, wenn man gerade abschweift, sanft zu erinnern, zum gegenwärtigen Moment zurückzukommen. Und die Aufmerksamkeit so „straff“ zu halten, dass man möglichst wenig abschweift. Mit Loslassen ist dagegen vollkommene Akzeptanz gemeint. Dass man, auch wenn man länger abgeschweift ist, dies mit einer engelsgleichen Geduld akzeptiert und versucht, nicht zu krampfhaft am gegenwärtigen Moment festzuhalten.

Auch wenn mir das in der 5. Meditationswoche gut gelungen ist – in einer Vielzahl von Meditationswochen habe ich die Balance nicht gefunden. Entweder ich war zu entspannt, ließ Ablenkungen zu leicht zu und strengte mich zu wenig an. Oder ich strengte mich zu sehr an und verkrampfte. Auch an diesem Thema möchte ich in Zukunft noch weiter arbeiten.

Vertiefung der Meditation

In der 6. Meditationswoche konnte ich meine Meditationen etwas vertiefen. Zwar gab es einige Meditationen, in denen ich mehr abschweifte, als mir lieb war. Dafür gab es aber auch Meditationen, in denen ich sehr klare Momente hatte und Momente, in denen keinerlei Impulse oder neue Reize (bspw. Gedanken) auftraten. Das setzte sich in der 7. Meditationswoche fort- in einer Meditation hatte ich auch nach der Meditation eine neuartige Erfahrung:

nach der Meditation hatte ich für 10-15 min. eine sehr interessante Phase. Ich hatte das starke Verlangen mich einfach nur hinzusetzen und nichts zu tun. Also tat ich genau das und war wie in einen Augenblick gebannt. Ich nahm alles sehr aktiv wahr, ohne mich damit zu identifizieren. Weder mit Geräuschen, noch mit Gedanken. Ich blieb einfach in dem Augenblick und war präsent. Es fühlte sich ein bisschen angenehm, hauptsächlich aber sehr sehr intensiv an. So etwas habe ich noch nie erlebt…

Ansonsten hatte ich in der 7. Meditationswoche tatsächlich auch etwas damit zu kämpfen hatte, dass ich oft keine Lust hatte, zu meditieren. Hilfreich war in diesen Momenten, dass es eigentlich keine wirkliche Alternative gab. Es war klar, dass ich nach der Arbeit meditiere – selbst wenn ich mich nicht danach fühlte. Und so trug mich meine Gewohnheit durch diese Phase, die im Übrigen auch in der 9. Meditationswoche wieder auftrat.

Abseits davon entwickelten sich meine Meditationen gut. Es waren selten nur gute Meditationen, sondern vielmehr eine Mischung zwischen unachtsamen und achtsamen Meditationen. An manchen Tagen konnte ich mich nahezu gar nicht konzentrieren – nur um dann Tags darauf, sehr klare, gute Meditationen zu haben. Den Höhepunkt meiner Meditationserfahrung erlebte ich in der 13. Meditationswoche: In zwei Meditationen in dieser Woche nahm ich vollständig die Beobachterrolle ein – und nahm das Ego nicht mehr wahr. In diesen Momenten war ich die Wahrnehmung selbst, ohne eine zwischengeschaltete Instanz. Auch wenn diese Momente nur kurz währten – sie waren dafür umso schöner, und schwer zu beschreiben: am ehesten vielleicht als sehr intensive, andersartige Bewusstseinszustände. 

Meditationshaltung

Doch wie beschrieben, waren die angenehmen Meditationserfahrungen nicht allein. Tatsächlich kam in der 8. Meditationswoche ein wesentliches Thema auf, das sich bis zum Ende des Meditationstagebuchs durchziehen würde – und dieses letztlich beenden würde: Die Sitzhaltung.

Ich weiß nicht, woran es lag: An der Sitzhaltung selbst, die sich über die Meditationen destabilisierte und nie mehr stabilisierte, an meiner ggf. veränderten Wahrnehmung, dass ich schief sitze, oder meinem Unvermögen, dieses Problem immer wieder auszublenden. Vielleicht ist es auch eine Mischung von allem. Fakt ist: Seit der 8. Meditationswoche kam dieses Thema mal mehr, mal weniger zum Vorschein. Ich empfand, dass ich schief sitze, versuchte mich ohne Erfolg neuauszurichten und fand nur noch selten eine Sitzhaltung, die mir das Gefühl von Stabilität und Ausgeglichenheit gab. In vielen Meditationen konnte ich mich damit irgendwie arrangieren, es bleib dennoch ein Thema, das im Untergrund weiter vor sich hin schwelte. In der 16. Meditationswoche entschloss ich mich daher endgültig, das Thema näher zu untersuchen und für mich zu korrigieren.

Und damit war für mich klar: Solange ich diesbezüglich am „experimentieren“ bin, kann ich mich nicht zu 100% auf die Meditationen konzentrieren. Das Fortführen des Meditationstagebuchs macht unter diesen Umständen daher keinen Sinn.

… irgendwie hört sich das jetzt sehr negativ an… aber keine Angst: ich bin tatsächlich ziemlich zufrieden mit dem Verlauf der Meditationen insgesamt und sehe das „Problem“ mit der Sitzhaltung tatsächlich eher als gute Gelegenheit, mich hier weiter zu verbessern… und übrigens auch das Meditationstagebuch einmal in Ruhe auszuwerten (;

 

Hinweis zu –  Meditationstagebuch :
Dieser Artikel ist Teil der Artikelserie „Meditationstagebuch“. In dieser Serie habe ich 16 Wochen lang ein Meditationstagebuch geführt und Woche für Woche veröffentlicht.

Übersichtsseite zur Artikelserie:

Meditationstagebuch

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