Abseits der gedanklichen und doch eher passiven Ebene der Achtsamkeit habe ich für mich Übungen entdeckt, die mir helfen, meine Achtsamkeit aufrecht zu erhalten und zu stärken.

Letztlich führe ich keine dieser Achtsamkeitsübungen permanent durch, bzw. zwinge mich dazu, diese strikt in meinen Tagesablauf einzubinden. Dies entspricht auch nicht meiner Einstellung, denn wie u.a. im Taoismus beschrieben wird, hilft das sich zwingen auch nur bedingt. Manchmal ist es besser auf das Bauchgefühl zu vertrauen, loszulassen und die passenden Momente für Übungen selbst auf einen zukommen zu lassen.

Sind Momente da, in denen ich mich unruhig fühle und Abkehr nötig habe, so helfen mir folgende Übungen:

  • Aufrechte Sitzhaltung
  • Langsamkeit
  • Einschränkung der Mediennutzung
  • Minimierung gleichzeitiger Tätigkeiten



Aufrechte Sitzhaltung

Ob im Büro oder in der Freizeit, eine aufrechte Sitzhaltung hilft meiner Konzentration und meiner Aufmerksamkeit oft enorm. Nicht umsonst sitzt man auch in der Meditation recht gerade, um nicht einzuschlafen und um den Atem besser durch den Körper fließen lassen zu können. Kommt nun ein solcher Moment, in dem mir meine Körperhaltung bewusst wird, so versuche ich recht weit vorne auf dem Stuhl zu sitzen, damit mein Körper diese gerade Sitzhaltung selbst einnehmen muss. Zudem setze ich meine Füße flach auf den Boden, sodass meine Beine einen rechten Winkel zum Boden bilden. Entdeckt habe ich die Vorzüge der aufrechten Sitzhaltung (schon vor der Meditation) eher als Nebeneffekt, da mein Physiotherapeut mir einst riet, meine Körperhaltung zugunsten meines Rückens zu verbessern. Immer wenn ich es schaffe, tatsächlich eine Zeit lang gerade zu sitzen, fühle ich mich in dieser Zeit oft wesentlich besser- und bin zudem wesentlich wacher und konzentrierter. Hilfreich hat es sich für mich auch erwiesen, die Hände auf die Knie zu legen, was ich vor allem tue, wenn ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin.



Langsamkeit

Gerade wenn ich wieder gehetzt wie ein tollwütiger Hund durch die Weltgeschichte renne, hilft es mir, bewusst Dinge langsam auszuführen. Vielleicht werdet ihr euch denken, dass wenn man im Stress ist, sich keine Langsamkeit erlauben kann. Tatsächlich aber merke ich oft an mir selbst, dass ein Großteil meines Stresses hausgemacht ist. Oft setze ich mir selbst Ziele, die ich unbedingt erreichen möchte und komme dann in Zeitnot. Tatsächlich schwingt oft auch Angst mit: Was ist wenn ich versage? Einem guten Freund, dem ich diese Angst einmal ausdrückte, sagte ganz richtig (sinngemäß): Aber ganz ehrlich, was ist dann? Was soll dann passieren? Du wirst ja trotzdem weiterleben und die Welt wird sich trotzdem weiterdrehen. Diesen Gedankengang finde ich für mich sehr wertvoll und versuche ihn bewusst aufzurufen, wenn (irrationale Versagens-) Ängste in mir aufsteigen.

Um solche Automatismen zu durchbrechen hilft es mir auch sehr, Langsamkeit zu üben. Langsam zu laufen und dabei jeden Schritt versuchen nachzuspüren. Im Zen heißt es, dass jeder Schritt einzigartig ist und daher achtsam wahrgenommen werden sollte. Es hilft auch Dinge, die zu erledigen sind, langsamer anzupacken. Gerade bei einfachen Tätigkeiten, wie bspw. dem Geschirrspülen oder Kochen lässt sich diese Langsamkeit sehr gut praktizieren. Mir fällt es mit dieser Langsamkeit wesentlich leichter, achtsam zu sein. Vielmehr kommt durch diese Langsamkeit die Achtsamkeit selbst. Ein positiver Nebeneffekt, den ich bei mir zudem beobachtet habe ist, dass mir diese Langsamkeit sogar tatsächlich hilft, wieder in die Spur zu kommen-  und ich mich danach wesentlich besser um Dinge kümmern kann, als zuvor.



Einschränkung der Mediennutzung

Die Nutzung von Medien ist ein Problem, das ich bereits seit einiger Zeit bei mir beobachtet habe. Auch in meinem Bekanntenkreis höre ich immer wieder Stimmen, die die eigene, zu intensive Nutzung von Smartphones beklagen. Erst vor kurzem hörte ich in meinem Arbeitsumfeld, dass sich der Entzug von Smartphones auch als Digital Detox[1] bezeichnen lässt und diesbezüglich sogar Trainingscamps in den USA (vlt. auch wo anders) durchgeführt werden. Tatsächlich merke ich aber: Je häufiger ich auf mein Smartphone schaue, desto unruhiger, unkonzentrierter und unachtsamer werde ich. Da es ohne Smartphone leider auch nicht geht, achte ich darauf, das Smartphone lautlos zu stellen oder gar komplett auszustellen und nur punktuell (alle paar Stunden) eingegangene Nachrichten zu checken. Gerade wenn ich konzentriert arbeiten möchte, lege ich es komplett aus meinem Sichtfeld, damit die Versuchung möglichst gering gehalten wird.

Laptop, Smartphone, Kaffee
gleichzeitige Mediennutzung

Für manche Berufstätige ist dies sicherlich nicht so einfach wie bei mir. Tatsächlich hat mir ein Klosterteilnehmer und Workaholic von einer App erzählt, die er vor kurzem gefunden hat, in der er alles steuern kann: Welche Anrufer einen lauten Klingelton bekommen, welches Profil je nach seinem Aufenthaltsort aktiv wird (GPS-Funktion, bspw. auf der Arbeit wird das Smartphone laut geschaltet) etc. Auch wenn ich den Namen dieser App vergessen habe, gibt es sehr viele ähnliche, vielleicht noch bessere Angebote:



App Symbol

Quality Time„QualityTime ist eine (…) Android-App, die es Ihnen erlaubt, Ihre verbrachte Zeit am Smartphone und in Ihren Lieblings-Apps in Echtzeit und Statistike zu beobachten.
Quelle: Google Play

App Symbol

Offtime |   „Für Zeiträume Deiner Wahl, blockiert ( OFFTIME ) für Android störende Benachrichtigungen, Anrufe und SMS – und schränkt den Zugriff auf Anwendungen ein, die Du als Versuchung empfindest, um richtig abschalten zu können.“
Quelle: Google Play



Minimierung gleichzeitiger Tätigkeiten

Des Weiteren kenne ich es sehr gut von mir, dass ich mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausführe. Beim Essen checke ich gerne meine Nachrichten, surfe im Internet oder lese eine Zeitschrift. Langfristig habe ich gemerkt, dass es meine Konzentrationsfähigkeit konterminiert und Unruhe fördert, auch wenn es in dem Moment vielleicht ganz angenehm ist. Daher versuche ich diese Aktivitäten stärker zu unterbinden und mich wirklich nur auf eine Aktivität zu konzentrieren und achtsam auszuführen. Ganz im Sinne einer Geschichte über einen Zen-Meister und seine Schüler, die sich wie folgt zugetragen haben soll:

Es kamen einmal ein paar Suchende zu einem alten Zenmeister.
„Herr“, fragten sie „was tust du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären auch gerne so glücklich wie du.“
Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: „Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich.“ Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Einer platzte heraus: „Bitte, treibe keinen Spott mit uns. Was du sagst, tun wir auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was ist also dein Geheimnis?“ Es kam die gleiche Antwort: „Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ist und wenn ich esse, dann esse ich.“

Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend fügte der Meister nach einer Weile hinzu: „Sicher liegt auch Ihr und Ihr geht auch und Ihr esst. Aber während Ihr liegt, denkt Ihr schon ans Aufstehen. Während Ihr aufsteht, überlegt Ihr wohin Ihr geht und während Ihr geht, fragt Ihr Euch, was Ihr essen werdet. So sind Eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo Ihr gerade seid. In dem Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt. Lasst Euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und Ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein.“

Sicherlich habt ihr auch einige Methoden entwickelt oder Anhaltspunkte gefunden, die euch helfen, Achtsamkeit zu leben. Was für den einen hilft, ist für den anderen vielleicht kontraproduktiv. Ich freue mich daher auch sehr auf Anregungen eurerseits, vielleicht sind diese für den einen oder anderen Besucher hilfreicher als meine Erfahrungen.

hier geht es zu Teil I dieses Artikels…

Fußnote: [1] http://blogs.wsj.de/wsj-tech/2014/07/27/das-netz-erklart-was-ist-digital-detox/

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