Hinweis: Dieser Artikel ist ein Teil des übergeordneten Artikels „Klosteraufenthalte: Zen Kloster Liebenau„
Einleitung
In meinem letzten Beitrag berichtete ich euch davon, dass ich meinen Durchbruch in der Meditation durch meine Klosteraufenthalte erzielt habe. Die Wahl des richtigen Klosters ist mir dabei im Vorfeld nicht einfach gefallen. Überlegungen zum Preis, dem Aussehen des Klosters und den Tagesabläufen kreisten in meinen Gedanken.
Tatsächlich war mein ursprünglicher Plan, mehrere Klöster während des Studiums auszuprobieren, um dann nach dem Studium für längere Zeit in das „beste“ Kloster zu gehen. Aus diesem Plan wurde jedoch nichts, da ich durch meine eigene Trägheit und Unzufriedenheit zu unproduktiv wurde, um ohne die Streichung von Urlaub das Studium bewältigen zu können. So konnte ich kein Kloster ausprobieren und musste mich dennoch gleich für eines nach meinem Studium entscheiden.
Wahl des Zenklosters in Liebenau
Dass die Auswahl letztlich auf das Zenkloster in Liebenau fiel, lag zum einen daran, dass ich die Möglichkeit des unbegrenzten Aufenthalts sehr attraktiv fand und zum anderen dieses Kloster nicht so viele Zeremonien aufwies, wie andere Klöster. In der engeren Auswahl waren das Buddha Haus, das im ersten Eindruck für mich eben jene Zeremonien aufwies- und der Tempel Ryumonji, bei dem längere Aufenthalte jedoch auch entsprechend mehr kosteten. Ich wollte mich komplett meiner eigenen Meditationspraxis widmen und dafür soviel Zeit wie möglich in Anspruch nehmen. Zeremonien und Zeitbeschränkungen würden mich dabei nur aufhalten, dachte ich. Trotzdem war ich mir sehr unsicher, ob meine Entscheidung richtig war. Auf der Webseite des Zen-Klosters Liebenau wurde erwähnt, dass die Kapazitäten beschränkt seien. Ich wollte kein Risiko eingehen und buchte daher gleich das „Rundum-Sorglospaket“, d.h. das notwendige Seminar mit drauffolgendem unbegrenztem Aufenthalt. Meine Wohnung vermietete ich zunächst für drei Monate zwischen.
Erster Eindruck des Zen-Klosters Liebenau
Und so reiste ich ins Ungewisste- mit freudiger Erwartung, aber auch großer Anspannung und Nervosität.
- Was würde mich erwarten?
- Habe ich mich für das richtige Kloster entschieden?
- Würde ich das finden, was ich suchte?
All diese Gedanken kreisten in meinem Kopf. An dem Bahnhof in Nienburg an der Weser holte mich ein Freund des Klosterleiters ab. Diesen musterte ich bereits ausgiebig, da er erzählte, ebenfalls regelmäßig zu meditieren. Ich suchte nach Anzeichen besonderer Ruhe, Gelassenheit, vielleicht auch nach Weisheit. Auf der Fahrt regte er sich über andere Fahrteilnehmer auf und ich war enttäuscht, eben jene Ruhe bei einem Meditierenden nicht vorzufinden. Dennoch war ich noch zuversichtlich gestimmt, dass der Klosterleiter meinen Vorstellungen eines weisen Meditierenden gerecht wurde. Als wir ankamen begrüßte uns Wolfgang, der Klosterleiter, herzlich. Er gab uns die Hand und verbeugte sich dabei vor jedem. Diese herzliche Begrüßung stimmte mich sofort sehr positiv und ich war sehr gespannt auf meine Kloster- und Meditationserfahrung. Das Kloster war tatsächlich so schön, wie es auf den Bildern zu sehen war. Die Gärten waren wunderschön und alles wirkte grundidyllisch. Insgesamt nahmen fast 30 Teilnehmer an dem Klosterseminar teil. Die Teilnehmer waren dabei sehr unterschiedlich. Die meisten waren berufstätig und wollten mehr über Zen und die Meditation erfahren. Während manche schon regelmäßig meditiert hatten, war die Mehrzahl der Menschen unerfahren in der Meditation. Ansonsten gab es noch vereinzelt Studenten, die ebenso wie ich Orientierung für den weiteren Lebensweg benötigten. Bei Kaffee und Kuchen lernte man sich zunächst kennen, es wurden allgemeine Fragen und das Organisatorische geklärt. Schließlich folgte eine Einführung in die Meditation.
Einführung in die Meditation
Wolfgang erklärte uns den Kerngedanken der Meditation und den Nutzen dieser im Alltag. Ein Vergleich hat mir dabei besonders gut gefallen. So beschrieb er, dass sich jeder Mensch im Laufe seines Lebens durch Erfahrungen und Beobachtungen bestimmte Verhaltensweisen, Gewohnheiten und Ansichten aneigne. Diese glichen einem Nagel, den man sich in den Fuß drehe. Mit der Zeit würde man diesen Nagel immer tiefer reindrehen, sodass man sich immer weniger bewegen könne, bis man sich schließlich gar nicht mehr bewegen könne. Irgendwann hätte man in allen Angelegenheiten nur noch einen Tunnelblick, von dem man sich nicht mehr lösen könne. Meditation sei dagegen ein Hilfsmittel. Man drehe mit der Meditation den Nagel Stück für Stück wieder raus, bzw. sorge dafür, dass er sich nicht tiefer reindreht. So könne man einen offenen Horizont behalten und das Leben wesentlich bewusster leben. Nach der Einführung fand das zwanglose Beisammensein am Lagerfeuer statt und ich nahm erstaunt zur Kenntnis, wie Wolfgang rauchte und Alkohol trank. Ich versuchte dies nicht überzubewerten und weiterhin einen offenen Geist aufrechtzuerhalten, um das maximale aus meiner Erfahrung herauszuholen. Genau dieser offene Geist war letztlich auch das Entscheidende, warum diese Klostererfahrung eine sehr gute Erfahrung werden sollte.
Hinweis zu – Klosteraufenthalt in Liebenau:
Dieser Artikel ist Teil des übergeordneten Artikels „Klosteraufenthalt in Liebenau“. Dort werden die wichtigsten Fakten zu dem Kloster zusammengefasst dargestellt.
Übergeordneter Artikel
hier gehts zu Teil II
Hallo Steffen,
ich war erfreut, hier etwas über das Kloster in Liebenau zu erfahren. Ich befinde mich in einer ähnlichen Situation wie Du, glaube ich und darum schreibe ich hier ein Kommentar. Gerne hätte ich Dich persönlich kontaktiert, fand aber hier leider keine möglichkeit dazu. Ich würde mich freuen, etwas von Dir zu hören, da ich ein paar kleine Fragen an Dich hätte bzgl. dem Klosterbesuch in Liebenau. Meine Email-Adresse ist ja hier öffnetlich nicht sichtbar aber vielleicht kannst Du sie sehen und antwortest auf meinen Kontaktversuch. Darüber würde ich mich freuen. Vielen lieben Dank & Grüße, Oliver
Hallo Oliver,
danke für deine Nachricht. Gerne kannst du mich kontaktieren unter:
steffen@lebenswerdung.de
Ich freue mich auf deine Fragen.
Liebe Grüße
Steffen
Grüß dich Vielen Dank für diesen hervorragenden Artikel.Ich mag Deine Webseite!
Vielen Dank dir! Das freut mich sehr 🙂
Der Artikel ist echt super. Ich befinde mich momentan in meinen jungen 20ern und mir schwebt vor ein Kloster über längere Zeit zu besuchen um meine Meditation zu vertiefen mit dem Gedanken, dass der spirituelle Samen der in mir wächst eine gute Umgebung hat um tiefe und starke Wurzeln zu schlagen. Positive Sachen die mir beim Kloster in Liebenau gefallen ist, dass der längere Aufenthalt nicht allzu teuer ist und dass der Fokus beim Meditieren liegt. (Vielleicht ist das auch ein falscher Eindruck von mir). Was mir weniger gut gefällt ist, dass das Kloster über den Winter geschlossen hat. Das verwirrt mich, was machen die Mönche und Nonnen dann über den Winter? Mich würde interessieren wie ernsthaft die Leute die im Libenau Kloster leben an der Erleuchtung interessiert sind bzw. was so dein Eindruck davon war und welches Kloster insgesamt dein Favourite ist? Keep on the good work!
Beste Grüße Ben 🙂
Lieber Ben,
vielen Dank dir für deinen Kommentar! Und schön, wie du deine Entwicklung beschrieben hast 🙂
Ja, du hast Recht, das Kloster legt einen Schwerpunkt auf die Meditation im Tagesablauf… andere Klöster sind hier jedoch nicht anders.
Das Kloster Liebenau wird von Wolfgang Hess geleitet, andere Möche oder Nonnen sind hier nicht zu Hause. Solltest du mehr Wert auf eine Sangha (Gemeinschaft der Meditierenden) legen, dann wäre mein Tipp das Ryumon Ji im Elsass. Auch das ist recht günstig (je nach Lebenssituation kann man sogar den gesamten Betrag erstattet bekommen) und hier leben das Ganze Jahr über Mönche und Nonnen.
Meiner Ansicht nach wird hier Zen sehr authentisch praktiziert- und in den Gesprächen mit den Mönchen und Nonnen kann man sehr viel lernen.
Ich hoffe dir hilft das weiter.
Sonst melde dich gerne.
Liebe Grüße
Steffen
Hallo Steffen,
vielen Dank für deine Antwort! Momentan bin ich im „Ende“ meines Studiums (dauert ungefähr noch ein Jahr) also eine ähnliche Situation wie bei dir. Persönlich habe ich schon Erfahrungen mit Satori gemacht, lebe stark entsagt als Akhanda Brahmacharya und meditiere täglich ein bis zwei Stunden.
Mich würde interessieren, da du in der selben Lebenssituation warst, wie sich das bei dir dann spirituell weiter sich entwickelt hat nach der Zeit im Kloster. Oft ist es so wenn Menschen dem Spirituellen eine Zeit lang nahe kommen, dass das Ego sich danach wieder in die „Maya“ oder materielle Welt festklammert weil es merkt, dass es bedroht wird. Persönlich würde ich mich am stärksten mit der Advaita Vedanta Lehre von Ramana Maharshi, Adi Shankara und Nisrgadatta Maharaj zuordnen, welche leider nicht so verbreitet sind wie Zen (vor allem in Deutschland) aber auch nicht so verschieden. Wie ich Zen kennengelernt hab ist über Alan Watts.
Meine intention ist es nichts neues zu lernen im Kloster sondern frei zu werden von allen Konzepten, alles was ich bisher gelernt hab.
Beste Grüße,
Ben
Hallo Ben,
das hört sich sehr interessant an! Direkt nach dem Kloster hab ich stringent weiter meditiert, bis mich dann die realen Probleme wieder „eingeholt“ haben. Geld verdienen, Wohnung finanzieren etc. Zwischenzeitlich habe ich gar nicht meditiert. Nun meditiere ich ein paar Mal die Woche… ich habe aber gemerkt das abseits der Meditation für mich sehr wichtig ist, das Ganze im Alltag einzubinden. Bewusst im Alltag wahrzunehmen… Momente in denen man warten muss, Momente in denen man arbeitet oder auch nur die Zähne putzt. Diese Momente versuche ich zu schätzen und bewusst wahrzunehmen.
Aber ja, wie du sagst, irgendwo holt einen die Welt und das Ego immer mal wieder ein. Damit umzugehen, akzeptieren und behutsam den nächsten Schritt tun ist meiner Ansicht nach das Beste.
Ich hoffe jedenfalls sehr, dass du findest, wonach du suchst!
Liebe Grüße
Steffen
PS: Solltest du noch Fragen haben, schreib mir gerne eine Mail. Dann schreiben wir den Kommentarbereich hier nicht voll…
steffen@lebenswerdung.de
Lieber Ben,
solltest du seit meiner letzten Mail noch einmal geantwortet haben:
Könntest du diese Email bitte noch einmal schicken? Zwischenzeitlich habe ich den Web-Provider für die Internetseite gewechselt- leider ist die Email Migration hier nicht optimal gelaufen, sodass die Emails nicht alle mittransferiert wurden.
Herzlichen Dank dir!
Beste Grüße
Steffen
Hallo Steffen,
vielen Dank für deinen Artikel.
Ich selbst habe ein japanisches Wochenende in Liebenau verbracht.
Nach einer, einige Wochen dauernden Pause, dann noch einmal eine Woche.
Im Nachhinein fiel mir das raffinierte Konzept des Klosterleiters auf.
Ja, mit dem Vorleben hat er es nicht so. Einen „kostenlosen“ Aufenthalt anzubieten, der letztendlich nichts anderes beinhaltet, als einige Stunden kostenlosen Arbeitens für seine japanische Gärtnerei, hat für mich einen ziemlich bitteren Beigeschmack erhalten.
Für alle, die das lesen, hier eine kleine Erläuterung.
Folgender Ablauf
Meditation
Samu
Meditation
und dann: wir arbeiten freiwillig für die japanische Gärtnerei und Gartengestaltung, die der Klosterleiter betreibt.
Aus diesem Grund ist der Klosterleiter auch bei der Meditation normalerweise nur am japanischen Wochenende dabei.
Außerdem möchte er dann im Winter seine Ruhe haben, was bedeutet, im Okt. schließt das „Kloster“ seine Pforten und man darf sich anderweitig umsehen.
Auch da bin ich mal in mich gegangen. Letztendlich gibt es eigentlich keinen Grund dazu. Verbringt man wirklich sein Leben in Ruhe in sich selbst und in Meditation, könnte man ja auch die „Novizen“ im Winter im sogenannten Kloster belassen. Schließlich umfasst Samu jede Tätigkeit, inkl. Staubwischen o.ä.
Aber nein, da gibt es ja nichts im Garten zu tun. Also braucht man auch keine freiwilligen Sklaven.
Ja, ich weiß, der Ton ist ein wenig bissig. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich schon enttäuscht bin, dass jemand hier in Wissbegierigen und Ruhesuchenden hauptsächlich billige Arbeitskräfte sieht. Ohne diese wäre nämlich seine japanische Gärtnerei und Gartengestaltung gar nicht zu betreiben. Übrigens, die freie Kost besteht vorrangig aus den Überbleibseln des Biorestaurants der Ehefrau des Mitarbeiters.
Muss man also auch keine Kosten befürchten.
Will man aber ohne diese „freiwilligen“ Gartenarbeit im sogenannten Kloster verbleiben, hat man für die Unterbringung zu bezahlen. Und die Preise sind gepfeffert.
Alles in allem bin ich wohl enttäuscht, das hinter all den Versprechungen letztendlich nur ein gewisser Egoismus des Klosterleiters zu vermuten ist.
Aber das japanische Wochenende als Einführung, das war schon klasse. Das räume ich gerne ein.
Hallo Nadine, huch deinen Kommentar habe ich irgendwie übersehen.
Ganz lieben Dank dir für deine umfangreiche Sicht auf die Dinge.
Wann warst du denn in Liebenau?
Ich weiß nicht, ob die Motive, die du beschreibst, in dieser Form zutreffen. Darüber lässt sich sicher spekulieren.
Fakt ist jedoch, dass der Klosterleiter die Dinge nicht wirklich vorgelebt hat und die Lehre in diesem Sinne Neugierigen nicht wirklich vermittelt wird. Das ist schade, da das Kloster so zu einer leeren Hülle verkommt, die nur durch die Besucher mit Leben gefüllt wird – ohne dass diesen jedoch die Möglichkeit gegeben wird, sich durch tiefergehende Anleitung in die Lehre zu vertiefen.
So bleibt das ganze finde ich ein schöner Ort für die eigene Praxis – mehr jedoch nicht.
Aber du hast recht, als Einstieg ist das japanische Wochenende schon echt gut-
Liebe Grüße und schöne Weihnachtstage
Steffen
im „Sitzen“ kommt alles von selbst! Alle wollen Unabhängigkeit und dabei einen Betreuer an der Seite?
Ich war vor ca 10 Jahren im Kloster Liebenau, für mich war dort alles was ich brauchte. Letztendlich bist
du derjenige der diese Zeit gemeinsam oder alleine, arbeitend oder pausierend, dienend oder nehmend,
in eine wertvolle Zeit umwandelt – für mich ist dort das wahre Zen.
Ich war letztendlich 1 1/2 Jahre dort und habe mein Zen intensiviert. Ich wusste gar nichts – und mit einem
immer offen werdenden Blick (durch s Zazen) den ich in den dort gelebten Alltag integrieren konnte, erfüllte
sich für mich das Leben. es ist nicht wichtig wo ich bin, wenn ich weiss wer ich bin.
Ich wünsche euch diesen offenen liebenden Blick bei eurer Reise und ein die tiefe innige Ruhe nach der ihr euch sehnt!
Das klingt sehr schön Britta 🙂 Es klingt sehr stimmig und so, als hättest du deinen Weg gefunden.
Für andere mag dieses „offene“ vielleicht aber auch überfordernd sein. Es kommt denke ich auf den jeweiligen Charakter und die Vorgeschichte an.
So sollte jeder für sich finden, ob Zen in dieser Form für jemanden passend ist oder nicht.
Liebe Grüße
Steffen