Hinweis: Dieser Beitrag ist von Constantin Schmidt, den ich während meines Klosteraufenthaltes in Ryumon Ji kennenlernte und mir nun ein werter Freund geworden ist. Auf seiner Webseite findet ihr unter anderem sehr schön geschriebene, tiefgründige Gedichte. Ich hoffe, dass euch eine andere Perspektive und dieser sehr schön geschriebene Beitrag das Kloster Ryumon Ji noch einmal näher bringen.



Ans Eingemachte

Das frühe Aufstehen fiel mir nicht sonderlich schwer, der morgendliche Gang den Klostergarten hinab, immer ein paar Schritte tiefer, noch in Dunkelheit, die beleuchteten Buddhas am Wegrand in Verneigung grüßend – dieser Gang bereits hatte etwas Sonderbares, etwas Mystisches. Nicht wurde geredet. Nur sich selbst hatte man, die andern wohl im Blickfeld, im Bewusstsein, dass man gemeinsam etwas tat, nämlich den Tag mit Meditation beginnen. Ich brauche nicht zu betonen, welche Körperlichkeiten dann, während des frühen einstündigen Sitzens, zu Bewusstsein kommen: Frieren, Müdigkeit, Hunger, oder andere disharmonische Zustände im Bauch, und nach einigen Minuten ganz sicher – Schmerzen. Der Lotussitz und die aufrechte Haltung des Oberkörpers waren sehr ungewohnt. Und was ging seelisch ab? Die Träume der Nacht waren noch nah, ich war bisweilen geneigt, etwas zu Ende zu träumen. Aber ich wusste ja, dass es eben darauf ankam – so wurde es mir auch in der Instruktion nochmals gesagt –, Gedanken und Bilder zwar wahrzunehmen, aber auch bewusst ziehen zu lassen. Abends hatte die Meditation freilich eine andere Qualität, weil der Körper bei mir auf eine andere Art präsent war als morgens. Aber eines blieb bei mir stets gleich: die Fülle an Gedanken und inneren Bildern, welche teils verstörend, teils faszinierend waren. Es war gleichsam, als würde mein Leben mir als Film vor meinem geistigen Auge ablaufen, und ich war schlicht Betrachter. Ob ein zu Ende geführter Traum, eine lebendige Erinnerung oder ein verbildlichter Wunsch – da war ein reges Innenleben. Je reger dieses war, und je öfter ich diese Erfahrung machte, desto mehr kam ich in Konflikt mit dem „Zweck“ der Meditation. Ich solle doch nicht so viel denken dabei, nicht so viel sehen, sondern nur sein, nur in jenen unbeschreibbaren Zustand hineinkommen. Und genau damit hatte ein weiterer Bewusstseinsstrang zu tun, der prägend war für meine Erfahrung der Meditation: der Wille, der Drang, der Druck, zu jenem unbeschreibbaren Zustand zu gelangen. Wie die andern es wohl machten, fragte ich mich. Wie schnell wohl der geübte Mönch oder der Zen-Meister selbst in den Zustand des höheren Seins käme, in welch wunschloser Seligkeit sie wohl schwelgten – nach einer Minute, nach fünf, nach sieben?



Ein Fünkchen Erleuchtung

So ging es einige Tage, bis mir eines Abends in einem Gespräch mit einer Nonne, die schon einige Jahre im Ryumonji gewesen war, die Augen geöffnet wurden. Wir unterhielten uns über das Leben im Kloster, den Buddhismus und die Meditation. Ich berichtete ihr von meinen spärlichen Erfahrungen und Gedanken darüber. In ihrer direkten Art sagte sie schließlich: „Wenn du bei oder mit der Meditation irgendwas erreichen willst, dann bist du aber garantiert auf der falschen Spur!“ Von da an wurde mir einiges klarer, einiges leichter. Nicht, dass die Meditation an sich für mich von da an in irgendeiner Form leichter zu praktizieren war (Ist Meditieren leicht? Ist es schwer? Ist es nicht vielmehr weder das eine noch das andere?), sondern es war eine kognitive Erweiterung für mich. Mein Horizont erweiterte sich. Ich bekam eine andere Einstellung. Nicht so viel fragen hinsichtlich der Meditation, einfach machen.



Menschlich

Samu bezeichnet Arbeit zum Zweck des Gemeinwohls innerhalb des Klosters: Kochen, Putzen, Sitzkissen für die Meditation und für den Kloster-eigenen Shop herstellen, Kräuter für einen Tee zubereiten. Diese Art Arbeit füllte einen Großteil des Tages aus. Die einzige „Instruktion“ dafür lautete: mit Bewusstsein bei der eigenen Tätigkeit sein und sich nicht groß um die andern kümmern. Insbesondere fiel es Steffen und mir natürlich durchaus schwer, nicht miteinander zu quatschen, wenn wir gemeinsam am Kartoffelschälen waren. So war man also den ganzen Tag über beschäftigt, auch körperlich, und ich nahm jede Gelegenheit innerhalb einzelner halb- oder einstündiger Pausen wahr, mich auf mein Zimmer zurückzuziehen und ins Bett zu legen. Das war alles recht anstrengend!

Außerhalb der rituellen Praktiken (Meditation, Zeremonie mit Buddha-Huldigung, Samu, Mittagessen), die von einem strengen Ablauf geprägt waren, ging es sehr menschlich zu im Kloster Ryumonji. Ich war anfangs recht erstaunt, dass so viel gequatscht und gelacht wurde, aber warum hatte ich denn überhaupt das Gegenteil erwartet? Es zeigt mir, dass ich ahnungslos ins Kloster einzog und mit einer gewissen Ahnung es wieder verließ. Und dies, obwohl die Anzahl an für mich ungeklärten Fragen sicher zunahm im Laufe meines Aufenthalts. Es war eine offene, freundliche Begegnung, die da stattfand; man merkte, dass es den dort ansässigen Nonnen und Mönche ein Anliegen war, den Kontakt mit Besuchern zu pflegen und die buddhistische Praxis transparent zu machen. Es gab während der Meditation regelmäßig eine offene Fragestunde, bei der ich aber zu schüchtern war, obgleich mir die ein oder andere konkrete Frage auf der Zunge lag:

„Sind Kinder Buddhisten?“

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