Hinweis: Dieser Artikel ist eine Ergänzung zu dem Artikel: „Buchrezension: Zen-Training

Einleitung

Das Buch Zen-Training bietet einen tollen Einstieg in die Zen-Praxis – und nicht nur das: auch bezüglich der dahinterstehenden Überlegungen und Theorien liefert das Buch ausreichend Material für einen vollumfänglichen, sehr guten Überblick über Zen. Entsprechend dieser Stärken ist auch die inhaltliche Zusammenfassung aufgebaut:

  • Einerseits in einen praktischen Teil (dieser Artikel), der auf Anweisungen und Beschreibungen der Zen-Praxis ausgerichtet ist
  • Andererseits in einen theoretischen Teil (Teil II), der dem Verständnis der Zen-Philosophie dient und in der Praxis auftretende Probleme und Erkenntnisse thematisiert

Beide Teile sind wichtig und ergänzen sich gegenseitig – es ist daher sehr zu empfehlen, beide Teile zu lesen. Die inhaltliche Struktur des Buches wurde bei diesen Zusammenfassungen im Großen und Ganzen beibehalten, Beispiele und nicht zielführende Exkurse wurden dagegen ausgelassen.

Ziel beider Artikel: Dem interessierten Leser den Kern des Zen vermitteln, auch ohne dass er das Buch dazu lesen muss. (obwohl wärmstens zu empfehlen)

 

Weg des Zen

Der Ausgangspunkt des Zen ist die laut Sekida verzerrte Bewusstseinsweise, mit der der Großteil aller Menschen ihr alltägliches Leben bestreiten. Diese Bewusstseinsweise zeichnet sich dadurch aus, dass man alle Dinge, die einem tagtäglich begegnen, in Ihrer Nützlichkeit und Zweck beurteilt – und die Dinge selbst nicht mehr betrachtet. Sekida bezeichnet diese Denkweise als mechanisch und führt an, dass eben diese Denkweise bei vielen Menschen zu Leid oder sogar Geisteskrankheiten führt.

Das Gegenmittel dazu: Zazen (=Meditation). Beim Zazen geht es darum das Ich-zentrierte, individuelle Ego auszulöschen, welches ursächlich für die beschriebene Seinsweise ist. Zazen führt früher oder später zu Samadhi, einem Zustand, den Sekida wie folgt beschreibt:

„In diesem Zustand hört die Tätigkeit des Bewusstseins auf, und wir nehmen Zeit, Raum und die Kette von Ursachen und Wirkungen nicht mehr wahr. Die Daseinsweise, die dadurch zustande kommt, mag auf den ersten Blick nichts anderes mehr sein als bloßes Sein oder Dasein. [der Zustand] zeichnet sich (…) durch äußerste Wachheit aus.“

Mit Samadhi ist es jedoch nicht getan. Tatsächlich muss man diese Erfahrung mit „Kensho“ verknüpfen und die Erfahrung des reinen Daseins (Samadhi) erweitern. Statt das reine Dasein auf das Aufhören der Tätigkeit des Bewusstseins zu beschränken, geht es darum, seine Erfahrung auch auf die äußere Welt zu übertragen. Dieser Zustand sei letztlich das „Kensho“, das Sekida zufolge nach Buddha von vielen weiteren Menschen verwirklicht wurde.

Der Weg zu diesen Erfahrungen geht, wie bereits erwähnt, nur über die Praxis. Das klassische Zazen beginnt häufig mit dem Zählen der Atemzüge. Das ist laut Sekida jedoch nicht ausreichend. Genauso wichtig sei die richtige Haltung und die richtige Atemtechnik. Während ersteres zur Stille des Körpers und im nächsten Schritt zur Reglosigkeit des Geistes führt, führt die richtige Atemtechnik vor allem dazu, dass an der richtigen Stelle im Körper Spannung erzeugt wird.

Auf beide Themen geht Sekida im Laufe des Buches mit dedizierten Artikeln ein. Zu guter Letzt betont Sekida: Wenn man mit der Übung anfängt und fortschreitet, wird man früher oder später aufregende Bewusstseinserfahrungen machen. Dennoch wird sich das Ego in der ein oder anderen Form immer wieder, und sei es durch die „Hintertür“, bemerkbar machen. Gerade vor diesem Hintergrund ist es wichtig, auch bei Fortschritten beharrlich weiter Zen zu üben.

 

Körperhaltung im Zazen

Die Grundlage für eine stabile Haltung sieht Sekida in einem guten Polster. Entsprechend empfiehlt Sekida, sich zwei Kissen zu besorgen:

Ein Kissen, auf dem man sitzt und ein weiteres Kissen, das als Unterlage dienen soll.

Als nächstes empfiehlt Sekida möglichst verschiedene Sitzhaltungen auszuprobieren. Ziel sollte sein, eine Sitzhaltung zu finden, in der man 20-30 min. ohne Probleme stabil und regungslos sitzen kann. Sekidas Empfehlung: der Lotus-Sitz. Dieser Sitz sei vollkommen ausgewogen und ausgeglichen. Weiterhin empfehlenswert: der Burmesische Sitz und der Fersensitz. Vom Halb-Lotus-Sitz rät Sekida dagegen ab. Durch die Asymmetrie in der Haltung verleite dieser Sitz dazu, die Wirbelsäule schief zu halten. (etwas, was ich aus eigener Erfahrung bezeugen kann)

Bei der Haltung selbst ist auf viele verschiedene Details zu achten. Zunächst sollte der Schwerpunkt sich auf das Dreieck zwischen Gesäß und Knie aufteilen, der Rumpf sollte vollkommen ausbalanciert sein. Weiterhin ist auf folgendes zu achten:

  • die Stirnmitte, Nase, Kinn, Kehle und Bauchnabel bilden eine Linie
  • die Hüften müssen nach vorne gedrückt werden, dabei wird die untere Partie des Unterleibs (Tanden) nach vorne und gleichzeitig das Gesäß nach hinten gedrückt 
  • der Bauch wird herausgedrückt
  • die Wirbelsäule bildet keine streng gerade Linie, sondern ist leicht gebogen
  • das Gesicht kann leicht abwärts gerichtet oder gerade gehalten werden
  • die Brust und Schultern sind zu senken, um Spannungen zu lösen

Sekida ist in seiner Aufbereitung akribisch. Es folgen Beispiele von gängigen Fehlhaltungen und der Appell immer wieder seine eigene Körperhaltung zu überprüfen. Ein guter Weg sei hierfür sich mit freiem Oberkörper vor den Spiegel zu setzen, sorgfältig seine Haltung zu überprüfen und immer wieder nachzujustieren. Wenn man nicht gut sitze mache man es sich schwerer, gute Meditationsfortschritte zu erzielen –  zudem führe jede falsche Haltung nach einiger Zeit zu Unwohlsein und Kompensationsversuchen (man zieht bspw. die Schulter hoch).

 

Physiologie der Aufmerksamkeit

In dem dritten Kapitel ermutigt Sekida den Leser, seine Aufmerksamkeit zu testen. Der Test heißt: „Ein-Minuten-Zen“.

Dazu soll man seinen Blick auf ein Objekt richten, seine Augen nicht bewegen, nicht atmen und seine Gedanken am Auftreten hindern. Geht man in dieser Weise vor, funktioniert das Experiment. Sobald man jedoch seine Atemmuskeln entspannt, kommen Gedanken auf und die Aufmerksamkeit zerstreut sich.

Sekida nimmt dies als Grundlage, um die Wichtigkeit der Atemmuskeln hervorzuheben. Nur über den Kopf allein könne man seine Aufmerksamkeit nicht steuern. Genauso wichtig seien die Atemmuskeln, genauer gesagt: der Tanden (unterer Teil des Unterleibs). Der Tanden funktioniere im Wechselspiel mit dem Gehirn, in beiden ist jeweils ein sogenannter Erregungskreis platziert. Konzentriert man seinen Tanden (d.h. hält man diesen unter Spannung bei der Atmung) sorgt dies dafür, dass ein Signal über die Muskeln an das Wachheitszentrum im Gehirn gesendet wird – und das Gehirn wiederum ein Signal zurück zum Tanden schickt. So entsteht ein Kreislauf, der intakt ist, solange sich die Konzentration über das Gehirn und den Tanden die Waage halten. Fällt eine dieser Komponenten weg, bricht die Konzentration weg.

Nur wenn Gehirn und Bauch also gleichzeitig aktiv sind, kann Konzentration entstehen. Ich war ehrlich gesagt skeptisch, ob diese zwei Erregungskreise in dieser Form existieren (obwohl Sekida wissenschaftliche Quellen zitiert…) Doch eine kurze Suche ergab: Unser Bauch ist durchaus wichtiger, als wir meinen: Quarks – Das Geheimnis unseres Bauchgehirns

Zum Abschluss des Kapitels bringt Sekida ein interessantes Beispiel, was seine These untermauern soll:

„Wenn man einen Hammerschlag ausführt oder aus einem Fenster springt, stellt sich im Geist kein Gedanken ein. Die augenblickliche Spannung der Skelettmuskeln erzeugt hier vermutlich einen starken Impuls, der zum Wachheitszentrum hin übertragen wird, es in Beschlag nimmt und folglich alle Gedanken ausschaltet.“

Klingt plausibel…

 

Atem im Zazen

Atemtechnik

Die folgenden Kapitel drehen sich nun vorwiegend um den Atem, angefangen bei der physischen Atemtechnik. Dazu sind einleitende Bemerkungen zum Lungenvolumen notwendig:

  • das normale Lungenvolumen umfasst 2300 ml Luft (Atemhorizont)
  • das Lungenvolumen steigt beim Einatmen von 2300 ml Luft auf 2800 ml Luft an
  • das Lungenvolumen sinkt beim Ausatmen von 2800 ml Luft auf 2300 ml Luft ab
    –> d.h. es bewegen sich netto 500 ml Luft (Atemvolumen)

Daneben gibt es ein sogenanntes Restvolumen i.H.v. 1200 ml. Unabhängig davon, wie sehr man sich anstrengt: Dieses Restvolumen lässt sich nicht aus der Lunge pressen – tatsächlich kommt man auch nur auf die 1200 ml Restvolumen, wenn man zuvor bereits mit zusätzlicher Anstrengung 1100 ml Luft herausgepresst hat (diese zusätzlich rauspressbaren 1100 ml sind das sogenannte Reservevolumen)

Lange Rede, kurzer Sinn: Bei der Atemtechnik im Zen geht man wie folgt vor:

  • man atmet das komplette Reservevolumen aus
  • man nimmt 3-5 normale Atemzüge
  • man atmet das komplette Reservevolumen aus

Sollte man nicht das komplette Reservevolumen ausschöpfen können, sollte man sich bemühen, möglichst viel auszuatmen. Denn: je tiefer man unter den Atemhorizont taucht, desto wirksamer ist die Meditation. Darüber hinaus ist es wichtig, die natürlichen Mechanismen der Atmung nicht zu boykottieren:

beim Ausatmen ist es wichtig, dies natürlich geschehen zu lassen – und erst unter dem Atemhorizont (wenn Anstrengung und Anspannung benötigt werden) nachzuhelfen

beim Einatmen ist es ebenso wichtig, dies natürlich geschehen zu lassen und dieses nicht zu bremsen

Atmet man falsch, wird man entweder ein unangenehmes Druckgefühl in der Brust verspüren oder nach Luft schnappen (Schnappatmung, Brustatmung). Im Zen wird Bauchatmung praktiziert. 

Meditationen auf den Atem 

Zählen der Atemzüge

Weiter geht es mit der eigentlichen Meditation, die sich im Zen zunächst um das Zählen der Atemzüge dreht. Es gibt drei Möglichkeiten, dies zu tun:

  • Man zählt jedes Ein- und Ausatmen (d.h. Einatmen: eins, Ausatmen: zwei)
  • Man zählt nur die Ausatmung
  • Man zählt nur die Einatmung

Von diesen Methoden ist die erste am gängigsten, der Schwierigkeitsgrad steigt zudem von 1-3. Die 3. Methode ist also eher für „Profis“ geeignet. Wichtig beim Zählen ist zudem, natürlich weiter zu atmen (irgendwie logisch) und beim Zählen gezielt die Stimmbänder zu belasten.

Die Aufmerksamkeit lässt sich bei dieser Übung in zwei Arten unterteilen:

  • Sehr spezifische Aufmerksamkeit, die sich auf das Zählen selbst konzentriert.
  • Weitere Aufmerksamkeit, die versucht, den Faden nicht zu verlieren

Sekida vergleicht dies mit dem Autofahren: Nach vorne ist die spezifische Aufmerksamkeit gerichtet, alles um einen herum wird durch die weitere Aufmerksamkeit abgedeckt. 

Achten auf den Atem

Auch wenn Sekida das Zählen der Atemzüge als wesentlichste Zen-Übung darstellt, stellt er eine weitere vor. Diese werde vor allem relevant, wenn man sich eine „stillere Form des Meditierens“ wünscht, um seine „Bewusstseinstätigkeit transzendieren können“.

 Bei dieser Übung achtet man ebenfalls auf den Atem, nummeriert im Unterschied zur vorherigen Übung seine Atemzüge aber nicht. Man folgt „einfach“ jedem Zug des Ein- und Ausatmens. Auch hier gilt es einige Dinge zu beachten:

  • beim Ausatmen sollte man natürlich ausatmen und beim Punkt des Atemhorizonts fast komplett mit dem Atmen aufhören
  • je länger der Ausatmungsvorgang – desto besser
  • nach dem Ausatmen folgen mehrere schnelle Züge des Einatmens – wichtig hierbei: bei der Bauchatmung bleiben

Kann man nicht ausreichend lange Atemzüge durchführen, werden laut Sekida höchstwahrscheinlich abschweifende Gedanken auftreten. Diese lassen sich in zwei Arten unterteilen:

  • Gedanken, die auftauchen und direkt wieder verschwinden (weiter unterteilbar in äußere Wahrnehmungen und innere Wahrnehmungen/Gedanken)
  • Gedanken, die erzählen und eine ganze Geschichte aufrollen

Die erste Art von Gedanken erachtet Sekida als unproblematisch, da sie in der Regel von selbst wieder verschwinden. Die zweite Art an Gedanken führt dagegen dazu, dass man sich physisch zwar noch in der Meditation, geistig aber ganz woanders befindet. Diese Gedanken sind äußerst problematisch und können nur durch eine erneute Spannung der Atemmuskulatur erzeugt werden.

Neben dem Anhalten des Atems oder das Einsetzen der Stimmbänder stellt Sekida eine weitere Methode vor: Das Üben mit dem Mu.

 

 

Mu im Zazen

Das Üben mit dem Mu ist für Sekida die nächste logische Stufe nach den vorangegangenen ausschließlichen Atem-Meditationen. Dieses Üben lässt sich wiederum in drei Übungen oder Stufen unterteilen.

Erste Übung

Sekida zufolge sind Gedanken beim Zazen nicht das Problem. Das Problem ist vielmehr der ERSTE Gedanke. Denn nur wenn man den ersten Gedanken zulässt, folgen weitere und man läuft Gefahr, die Kontrolle zu verlieren. Sekida setzt daher alles daran, den ersten Gedanken zu vermeiden. Dazu gibt er folgende Anleitung:

  1. man atmet mit leicht geöffnetem Mund (höhere Spannung als bei der Atmung durch die Nase)
  2. man sagt innerlich beim Ausatmen wiederholt „Mu“; jedes Mu führt dabei zu automatisch zu einer Spannung im Tanden
  3. man atmet so lange aus, bis die Atemreserve fast ganz aufgebraucht ist
  4. anschließend atmet man per Bauchatmung wieder ein
  5. nach einem tiefen Ausatmen folgen ein paar kurze Atemzüge, dann wieder ein tiefer Atemzug

Alternative: statt „Mu“ zu sagen, kann man auch beim Zählen des Atems bleiben (das Zählen des Atems ist letztlich wie Mu, da auch hier die Stimmbänder angespannt werden; zumindest bei den japanischen, mehrsilbigen Zahlen). In der Konsequenz geht es nur darum, stetig und so lange wie möglich auszuatmen und die Spannung im Unterleib beizubehalten.

Nach dieser Übung ist die Übung mit Mu noch nicht abgeschlossen. Die zweite Übung sollte man jedoch erst zu gegebener Zeit anfangen:

„Wenn Sie einige Male das Atmen der ersten Stufe geübt haben, stellt sich das Gefühl ein, Ihre untere Unterleibspartie sei in einer Verfassung, die dem entspricht, was man „das unermessliche Sich-Erstrecken der Erde“ nennt. Es ist, als dehne sich Ihr Unterleib so fest und stabil aus wie die Erde selbst. Wenn nun dieser Zustand andauert, können Sie mit der Atemmethode der zweiten Stufe anfangen.“

Zweite Übung

In der zweiten Übung hält man seinen Mund geschlossen, die Zunge fest gegen Gaumen und Oberkiefer und atmet durch die Nase. Auch bei dieser Übung geht es darum „Mu“ beim Ausatmen zu sagen. Nur diesmal ist „Mu“ als Koan zu verstehen. „Mu“ bedeutet in japanisch „Nichts“ und im Zen geht es nun darum, „Mu“, also „Nichts“ zu ergründen. Wichtig ist hierbei „Mu“ nicht mit dem Verstand ergründen zu wollen, sondern „Mu“ gedanklich immer wieder zu wiederholen.

An dieser Stelle erklärt Sekida, dass sich das Ausatmen noch zielführender mit der sog. „Bambus-Methode“ gestalten lasse. Dazu achtet man beim Ausatmen darauf, den Atemzug in mehrere kleine Schübe zu unterteilen. Dauer der Intervalle und Atemzüge sind je nach Gusto zu wählen. Wichtig ist jedoch, zwischen den einzelnen Intervallen längere Pausen zu lassen.

„Wenn Sie vorhaben, es mit dieser Methode zu versuchen, so stellen Sie sich vor, Sie drücken immer wieder gegen eine verschlossene Tür, die sich nicht öffnen will, und sagen dabei „Mu-u-u-u-u-u“. Dann wird sich im Lauf der Zeit Ihre eigene Art, mit dieser Methode zu üben, einpendeln.“

Dritte Übung

Die dritte Übung schließt sich unmittelbar an die zweite an und bildet einen fließenden Übergang. Die Atempausen werden in dieser Phase automatisch länger, das Atmen ist fast ganz eingestellt. Die Konzentration ist ausschließlich auf den Tanden gerichtet. Das führt dazu, dass man eine bessere Kontrolle über sich hat und die Voraussetzung dafür schafft, ins Samadhi zu kommen.

Nach und nach setzt dann das Samadhi ein:

„Alles ist Stille und Schweigen. Und es mag merkwürdig klingen: kein Gedanke regt sich in Ihrem Geist. […] Es ist, als wären Sie in tiefem Schlaf und zugleich hellwach. Da erleuchtet kein Licht den Geist, sondern der Geist leuchtet selbst und schenkt sich Licht. Nicht ist darin zu finden: keine Welt, keine anderen, kein Selbst, keine Zeit. Da ist nur hauchzartes Da-sein, das sich nicht beschreiben lässt.“

In diesem Zustand hält man einfach nur inne und achtet auf den Tanden. Zu guter Letzt richtet Sekida noch warnende Worte an den Leser: man sollte nicht über „Mu“ nachdenken, sondern es in den Unterleib „drücken“.

 

 

Tanden

Der Tanden spielte in den bisherigen Ausführungen zum Zazen eine wichtige Rolle. So ist es nicht verwunderlich, dass Sekida dem Tanden ein gesondertes Kapitel widmet. Sekida fängt dieses Kapitel wundervoll an, daher werde ich zunächst auf ein direktes Zitat zurückgreifen:

„Stellen Sie sich vor, wir versuchen in uns selbst hineinzuschauen – also auf uns selbst zu achten und unseren Geist unter Kontrolle zu bringen. […] Wenn Sie das tatsächlich zu tun versuchen, stellt sich die Frage, wo man seinen Geist überhaupt finden kann. Vielleicht richten Sie ihre Aufmerksamkeit auf das Innere Ihres Kopfes, aber Sie finden dort keine Antwort. Oder vielleicht richten Sie Ihren inneren Blick in Ihre Brust oder auf Ihr Herz – auch von dort her kommt keine Resonanz, selbst wenn Sie Ihr Herz schlagen hören. Anscheinend können Sie Ihren Geist nirgendwo lokalisieren. Wenn Sie jedoch fest entschlossen sind und diese Innenschau beharrlich fortsetzen, werden Sie vermutlich irgendwann unwillkürlich den Atem anhalten, und bei dieser Gelegenheit werden Sie mit einemmal spüren, dass eine Art spiritueller Wirklichkeit in Ihnen auftaucht. Als Sie dazu angesetzt haben, Ihren Atem anzuhalten, hat sich unvermeidlich in Ihrem Tanden Spannung aufgebaut, und dadurch, dass Sie in Ihren Tanden geblickt haben, ist Ihnen die Spannung Ihres Geistes vor Augen getreten.“

Mit anderen Worten: der Tanden ist der „Geist“. Sekida betont als nächstes, dass er damit nicht die Bedeutung des Gehirns unterminieren möchte. Das Gehirn ist durchaus fürs Denken, Planen und Befehle-Erteilen zuständig. Der Tanden mit seinen Atemmuskeln ist jedoch die ausführende Gewalt oder wie Sekida es nennt: die geistige, spirituelle Kraft. Entsprechend wichtig sei der Tanden auch für die Kontrolle der Gedanken. Es folgt ein sehr anschauliches Beispiel:

„In entscheidenden Augenblicken stockt einem der Atem unwillkürlich. Diese Erfahrung ist dem Akrobaten geläufig, dem Sportler, dem Töpfer an der Drehscheibe und dem Kartenzeichner, der unbewusst den Atem anhält, wenn er eine besonders feine und exakte Linie ziehen will.“

Zum Abschluss des Kapitels stellt Sekida eine Übung vor, mit der sich große Kraft im Tanden aufbauen lasse. Dazu soll man sich in Zazen Haltung begeben (VGL OBEN) und sich vorstellen, wie man als Sprinter in dem Moment des Lossprintens sämtliche Energie mobilisiert. Dies führt dazu, dass man den ganzen Körper anspannt, vor allem die Unterleibsmuskeln. Diese (An-) Spannung ist mehrmals zu wiederholen. Wichtig ist nun die Atmung – eine „normale“ Einatmung ist hier nicht zielführend. Stattdessen ist in zwei Schüben einzuatmen:

1. man nimmt nur einen kurzen (nicht vollständigen) Atemzug, indem man den unteren Teil des Unterleibs anschwellen lässt
2. man atmet weiter ein, indem man den oberen Teil des Unterleibs ausdehnt

Nur wenn man in dieser Form einatmet, kann man die sich aufbauende Spannung beibehalten. Nach 20-30 min. Gesamtübung wird man große Fortschritte machen.

Hinweis zu –  Buchrezension: Zen-Training:
Dieser Artikel ist Teil der Artikelserie „Buchrezension: Zen-Training“. In dieser Serie wird das Buch zum einen kurz vorgestellt und bewertet und zum anderen inhaltlich umfassend aufbereitet.

Übersichtsseite zur Artikelserie:

Buchrezension: Zen-Training

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