Hinweis: Dieser Artikel ist ein Teil der Artikelserie: „Buchrezension: Wie Siddhartha zum Buddha wurde

Vorab: Zu der Lehre Buddhas in dem Roman

Das Buch „Wie Siddhartha zum Buddha wurde“ * enthält viele wesentliche Bestandteile der buddhistischen Lehre. Diese werden in dem Roman umfassend ausgeführt und in den erzählerischen Kontext des gesamten Werkes eingebettet. In dieser (chronologisch-)erzählerischen Einbettung liegt jedoch eine gewichtige Schwäche:

Die Lehrbestandteile werden nicht aufeinanderaufbauend dargestellt; vielmehr lehrt Buddha situationsabhängig unterschiedliche Bestandteile in unterschiedlicher Tiefe. Diese Bestandteile gilt es zusammenzusetzen und in eine logische Struktur zu bringen.

Genau das soll dieser Beitrag leisten. In diesem Beitrag findet ihr den Großteil der Lehre, die in dem Roman „Wie Siddhartha zum Buddha wurde“ thematisiert wurde, sorgfältig und strukturiert zusammengestellt. Während die Zusammenfassung damit auch einen beträchtlichen Teil der gesamten buddhistischen Lehre abdeckt, ist sie dennoch bei weitem nicht vollständig… ein guter Einstieg in den Buddhismus bietet sie dennoch allemal.

Hinweis: In diesem Teil geht es um die Grundzüge der buddhistischen Lehre: Die Existenz von Leid und die zugrundeliegende Ursache für das Leid. Im zweiten Teil geht es schließlich um die Frage, wie das Leid aufgehoben werden kann. 

Zeichnung von Buddha in Meditation

Wie die Lehre zu verstehen ist

Auch heutzutage werden häufig folgende Fragen gestellt: Was ist eigentlich der Buddhismus? Wie ist der Buddhismus einzuordnen? (siehe auch: Besuch beim Buddhistischen Zentrum Hamburg)

  • Handelt es sich um eine Religion? (wie wohl am häufigsten beschrieben)
  • Handelt es sich um eine Philosophie?
  • Handelt es sich um eine psychologische Lehre?

In „Wie Siddhartha zum Buddha wurde“ geht Buddha in vielen Reden genau auf diese Fragen ein. Er bestreitet, dass es sich bei seiner Lehre um eine Doktrin, Philosophie oder Theorie handelt. Vielmehr stellt er wiederholt in den Vordergrund, dass alles von seiner Lehre das Ergebnis seiner eigenen, direkten Erfahrung ist- eine Erfahrung, die wohlgemerkt jeder machen könne. Gerade auf der Möglichkeit, dass jeder diese Erfahrung machen könne, legt Buddha großen Wert. Auch benachteiligten Gesellschaftsschichten (Unberührbare und Frauen; Vgl. Inhaltszusammenfassung Teil II) erzählt er deshalb von seinen Erkenntnissen und nimmt sie bei Wunsch in seine Mönchsgemeinde auf. Damit positioniert sich Buddha deutlich gegen die zu seiner Zeit vorherrschende gesellschaftliche Ordnung.

 

Wichtigste Grundlage: Achtsamkeit

Grundlage der gesamten Lehre von Buddha ist die Achtsamkeit und die Meditation. Diese ist in den Kontext verschiedener Lehrbestandteile eingeflochten (Edler Achtfacher Pfad) und bildet immer wieder die essenziell notwendige Basis für jegliche Erkenntnisse. Wichtig ist in diesem Kontext zu verstehen, dass Buddha eine klare Unterscheidung zwischen intellektuellem Verstehen und Verstehen/Erkennen trifft. Doch lassen wir Buddha selbst dazu sprechen:

[…] die Wirklichkeit als solche kann nicht durch intellektuelles Wissen oder durch Sprache ausgedrückt werden. Nur die Weisheit, die aus der Meditation erwächst, kann uns helfen, die Essenz der Wirklichkeit zu erkennen. […] eine Person, die noch niemals eine Mango gegessen hat, kann ihren Geschmack nicht kennen, gleichgültig, wie viel Worte und Begriffe jemand anderes benutzt, um ihr diesen Geschmack zu beschreiben. Wir können die Wirklichkeit nur durch direkte, unmittelbare Erfahrung erfassen. Darum habe ich den Bhikkhus oft gesagt, sie sollten ihre kostbare Zeit nicht mit sinnlosen Diskussionen vertun, sondern sie nutzen, um die Dinge eingehend und genau zu betrachten.

In der Konsequenz sieht Buddha seine eigene Lehre nur als eine Art Stütze an, um zur Wahrheit zu gelangen. In genau diesem Lichte sind die tausenden Lehrreden von Buddha zu verstehen- die Lehre selbst ist zweitrangig… die eigene Erfahrung steht über allem. In einer bekannten Rede stellt Buddha daher klar:

Die Lehre ist lediglich eine Methode, die Wirklichkeit zu erfahren. Sie ist nicht die Wirklichkeit selbst, so wie auch der Finger, der zum Mond zeigt, nicht der Mond selbst ist.

In dem Roman wirkt Buddha daher nicht als Prediger, sondern vielmehr als ein Lehrer, der seine Schüler auf ihrem Weg begleitet und in den richtigen Momenten, Impulse zu geben versucht. Dies ist übrigens der Grund, weshalb es zu einer so großen Anzahl an verschiedenen Lehrreden gekommen ist: Je nach „Tugend, Intelligenz und Begabung“ passte Buddha seine Worte an, um die Lehre möglichst zugänglich zu machen.

Und dies ist auch der Grund, warum Buddha immer wieder bei metaphysischen Fragestellungen warnte, dass man sich in intellektuelle Überlegungen verfängt. Spürte er, dass dies der Fall war, weigerte sich der Buddha, Fragen seiner Schüler zu beantworten.

Einen Appell, den der Buddha konsequenterweise immer wieder an seine Schüler richtet, ist selbst nachzudenken und zu reflektieren:

Glaubt nicht einfach voreilig etwas, nur weil es alle anderen wiederholen, weil es in den heiligen Schriften niedergelegt ist oder weil es von einem Lehrer, den die Menschen verehren, gesagt wird. Nehmt nur solche Dinge an, die mit eurer Einsicht übereinstimmen, die von den Weisen und Tugendhaften unterstützt werden und die, in die Praxis umgesetzt, Glück und Nutzen bringen.

Um zurück zum Kern zu kommen: Nichts ist laut Buddha wichtiger als die eigene Achtsamkeit. Mit dieser Achtsamkeit muss man alles untersuchen (was genau, folgt in den kommenden Abschnitten). Wenn man in dieser Weise verfährt, ist man nicht auf Buddha oder sonst irgendetwas angewiesen:

Man ist sich selbst die einzig wahre Zuflucht.

 

Die Grundlage der buddhistischen Lehre: Die vier edlen Wahrheiten

Eine wesentliche Grundlage der buddhistischen Lehre sind die vier edlen Wahrheiten. Diese umfassen folgende Bestandteile:

  1. Existenz des Leidens
  2. Ursache des Leidens
  3. Aufheben des Leidens
  4. Pfad der zur Aufhebung des Leidens führt

Jeder dieser Bestandteile baut auf dem anderen auf und umfasst sehr interessante, tiefergehende Gedanken. Doch der Reihe nach:

 

1. Existenz des Leidens

Die Existenz des Leidens ist die Basis, aus der sich letztlich alles im Buddhismus speist. Denn: Auch Siddhartha wäre niemals zum Buddha geworden, hätte er für sich nicht die Existenz von Leid erkannt. Kurz ausgeführt: Nach und nach kommt Siddhartha auf seinem Werdegang mit Leid in Kontakt, wird Zeuge von Krankheit und Tod und empfindet eine tiefe Unzufriedenheit. Aus dieser Unzufriedenheit heraus entsteht Siddharthas Bedürfnis, eine Lösung für das Leid aller Menschen und Lebewesen zu finden. Er begibt sich daraufhin auf die Suche, probiert diverse Sachen aus und findet schließlich durch intensive Meditation eine Lösung für die Probleme. (für eine detailliertere Ausführung, siehe Inhalt I)

Buddhas Definition von Leid erstreckt sich dabei nicht nur auf die körperliche Ebene. Leid in Form von Tod und Kummer als die erste edle WahrheitEine wesentliche Komponente bildet auch das Leid, das Menschen sich selbst schaffen: indem sie hassen, neidisch oder missgünstig sind. Der buddhistische Leidbegriff unterteilt sich daher in:

  • Geburt, Alter, Krankheit und Tod
  • Trauer, Zorn, Eifersucht, Sorge, Unruhe, Angst, Verzweiflung, Anhaftung und Festhalten

 

2. Ursache des Leidens

Die Ursachen von Leid sind laut Buddha vielfältig. Ein Grund überstrahlt jedoch alle anderen: Unwissenheit. Nur aus Unwissenheit oder aus falschen Ansichten heraus, sagen oder tun Menschen Dinge, die Ihnen oder anderen Menschen Schaden zufügen. Die Unwissenheit umfasst dabei eine prinzipielle Unwissenheit über das Leben oder wenn man so will: falsche Sicht auf das Leben. Buddha vergleicht die Situation der Menschen damit, dass sie sich in einem brennenden Haus ohne Sicht auf einen Ausweg befinden und in diesem Leid anderen Menschen ebenfalls Leid hinzufügen. Die Flammen bezeichnet Buddha als die Flammen des Begehrens, des Zorns, der Eifersucht, der Trauer, der Sorge, der Angst und Verzweiflung.

Abseits dieser Metaebene gibt Buddha auch Rat im Umgang mit schwierigen Situationen und empfiehlt, achtsam zu sein und die Ursachen für Handlungen zu ergründen:

Ist jemand wütend auf euch, so könnt ihr der Person wiederum zürnen, doch das schafft nur noch mehr Leiden. Folgt ihr dem Weg der Bewusstheit, werdet ihr nicht mit Zorn antworten. Stattdessen werdet ihr euren Geist beruhigen, um herauszufinden, warum diese Person zornig ist auf euch. Schaut ihr genau hin könnt ihr die Ursachen, die zum Zorn dieses Menschen führten, aufdecken. Erkennt ihr, dass ihr Verantwortung tragt für den Zorn des anderen, so werdet ihr nicht ärgerlich werden, sondern akzeptieren, dass euer eigenes Fehlverhalten dazu beigetragen hat, diesen Zorn zu schaffen. Seid ihr ohne Schuld, könnt ihr versuchen neu erkennen, warum die Person euch missverstanden hat. Dann könnt ihr einen Weg suchen, ihr zu helfen, eure wahren Absichten zu schaffen, sowohl für euch als auch für die andere Person.

Die Ursache des Leidens wird im Abschnitt „Die Ursache allen Leids: Unwissenheit über die Natur aller Dinge“ vertieft.

 

3. Aufheben des Leidens

Die letztlich endgültige Lösung des Leidproblems kann laut Buddha nur über den eigenen Geist erfolgen. Nur durch tiefe Meditation über die eigene Situation können falsche Sichtweisen beseitigt und damit jegliches Leid aufgehoben werden.

Daher betont Buddha immer wieder, wie sinnlos es ist, zu Göttern zu beten oder Rituale und Zeremonien durchzuführen: Für ihn sind Menschen, die solche Praktiken durchführen, wie Menschen, die an einem Ufer eines Flusses stehen und durch Gebete darum bitten, dass die andere Uferseite des Flusses zu ihnen kommen möge.

 

4. Pfad der zur Aufhebung des Leidens führt

Die Lösung des Leidproblems hat Buddha in einem achtstufigen Pfad systematisiert: Den sogenannten edlen achtfachen Pfad.
(thematisiert in Teil II der Lehre )

 

 

Ein Beispiel für die Anwendung der vier edlen Wahrheiten: In der Liebe gibt es Leiden

in der Liebe gibt es Leid

Ein schönes und sehr verständliches Beispiel, das in dem Buch zu den vier edlen Wahrheiten beschrieben wird, bezieht sich auf die Liebe. In einem Gespräch mit König Pasenadi erklärt Buddha, warum es in der Liebe zu Leid kommt… und wie man am Besten damit umgehen sollte.

Grundlage dieses Gespräches ist, dass in König Pasenadi die Erkenntnis wächst, dass in der Liebe der Samen zum Leid vorhanden ist: Er liebt seine Frau und seine Tochter… stieße ihnen etwas zu, würde er schrecklich leiden. Der König wendet sich in diesem Dilemma hilfesuchend an den Buddha. Und Buddha führt aus:

 

Zwei Arten der Liebe

Es ist wichtig, die beiden Arten der Liebe zu unterscheiden:

  • Es gibt Liebe, die auf Begierde, Leidenschaft, Anhaftung, Diskriminierung und Voreingenommenheit beruht
    | siehe Pkt. 1: Existenz des Leidens, dort beschrieben als Begehren
  • Und es gibt Liebe, die aus liebender Güte und Mitgefühl besteht

Die von dem König beschriebene Liebe zwischen Eltern, Kindern, Mann und Frau ist häufig in Unterscheidung gefangen. Man differenziert und schafft so eine Voreingenommenheit: das gipfelt darin, dass Menschen gleichgültig oder sogar feindselig gegenüber anderen Menschen werden, die nicht zum Kreis der Familie gehören. Die zugrundeliegende Anhaftung und Unterscheidung sind Buddha zufolge eine Quelle von großem Leid, das gänzlich nutzlos ist und nur Körper und Geist verwirrt.
| siehe Pkt. 2 der Vier Edlen Wahrheiten: Man ist durch Begehren im Haus der Flammen eingesperrt

Die zweite Art der Liebe fußt dagegen auf liebender Güte und Mitgefühl. Diese Liebe verlangt keine Gegenleistung und ist auf keinen Personenkreis beschränkt. Man unterscheidet nicht und haftet dadurch nicht an. Diese Liebe führt zu Frieden, Freude und Zufriedenheit. Stößt hier Menschen etwas zu, empfindet man auch Leid. Leid aus Mitgefühl… doch im Gegensatz zum Leid aus Anhaftung ist das Leid um ein Vielfaches geringer und fördert die eigene Fürsorge und Verantwortlichkeit. Und Mitgefühl ist zusätzlich hilfreich- denn sie lässt uns die Schmerzen eines anderen Wesens nachempfinden und macht uns menschlich. Mitgefühl ist daher laut Buddha „eine Frucht des Verstehens“.

 

Wie man lieben sollte

In genau diesem Sinne sollte Liebe praktiziert werden. Statt einem selbstsüchtigen Verlangen nachzugehen, andere zu besitzen, sollte man versuchen, den anderen zu verstehen. Denn missversteht man sein selbstsüchtiges Verlangen als Liebe, wird der andere sich schnell eingesperrt fühlen, unglücklich werden und nach Wegen suchen, sich von der Liebe zu befreien. Allmählich kann sich die Liebe so in Wut und Hass verwandeln. In der wahren Liebe versucht man, zu verstehen. Nur wenn man die Leiden und die Sehnsüchte des anderen kennt, versteht man und fühlt mit. Und kann im besten Fall Leiden vermindern und dabei helfen, die Ziele des anderen zu verwirklichen.
| siehe Pkt. 2: Grund des Leidens ist Unwissenheit; an die Stelle der Unwissenheit muss „Verstehen“ gelangen… dann entsteht Liebe

 

Die Ursache allen Leids: Unwissenheit über die Natur aller Dinge

Die zweite der vier edlen Wahrheiten bezieht sich auf die Ursache des Leidens: Unwissenheit. Diese Unwissenheit bezieht sich auf die Beschaffenheit und Entstehung aller organischen und anorganischen Dinge. Etwas unabhängig von anderen Dingen zu sehen sei Buddha zufolge ein großer Irrtum. Tatsächlich sind alle Dinge voneinander abhängig und durchdringen sich gegenseitig.

Buddha bringt hierzu das Beispiel eines Blattes:

Das Blatt kann nur existieren in Abhängigkeit von vielen anderen Elementen: Erde, Wasser, Hitze, Samen, Baum, Wolken, Sonne, Zeit, Raum.

Ohne eines dieser Elemente hätte sich das Blatt nicht entwickeln können. Die Quelle eines Dinges sind alle Dinge. So wie das Blatt aufgrund aller anderen Dinge existiert, so hört es auch auf zu existieren, wenn die anderen Dinge aufhören zu existieren.

„Dies ist, weil jenes ist. Dies ist nicht, weil jenes nicht ist. Dies ist entstanden, weil jenes entstanden ist. Dies stirbt, weil jenes stirbt.“

In genau diesem Sinne sieht Buddha auch den Menschen: Die Vorstellung von einem eigenständigen, ewigen Selbst ist nicht richtig. Denn ein eigenständiges, individuelles Selbst setzt voraus, dass es vollkommen aus sich heraus existieren kann, unabhängig von allen anderen Dingen. Buddha zieht daher den Schluss, dass es nichts gibt, das abgetrennt, selbstständig und ewig existiert. Es gibt weder ein höheres noch ein niederes Selbst.

 

Wie die fünf Daseinsgruppen unser Selbstbild täuschen

Das, was wir unter anderem als Selbst ausmachen, sind die von Buddha bezeichneten fünfdaseinsgruppen_fördern_unwissenheit Daseinsgruppen (fünf Skandhas). Diese umfassen den Körper, Empfindungen (Gefühle), Wahrnehmungen, Geistesregungen (Gedanken) und das Bewusstsein. Diese Daseinsgruppen sind unaufhörliche, fließende Ströme und enthalten nichts, das als beständig und eigenständig angesehen werden könnte. Die fünf Daseinsgruppen sind wie alle anderen Erscheinungen voneinander abhängig. Buddha clusterte die falschen Ansichten über das Selbst in Verbindung mit den Daseinsgruppen in drei vorherrschende:

  1. Eine der fünf Daseinsgruppen ist das Selbst (bspw. der Körper)
    | Glaube an die Skandhas als Selbst
  2. Das Selbst existiert unabhängig von den Daseinsgruppen
    | Glaube daran, dass die Skandhas sich vom Selbst unterscheiden
  3. Die Daseinsgruppen sind im Selbst vorhanden
    | Glaube an das Vorhandensein von Skandhas und Selbst im jeweils anderen

 

Wie wir uns durch unsere Sinne täuschen lassen

Abseits der falschen Vorstellung von uns selbst sind auch unsere Sinne von der Unwissenheit betroffen. Buddha stellt dazu 18 Elemente der Sinne zusammen (auch genannt: die achtzehn dhatu)

  • Sinnesorgane: Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist
  • Sinnesobjekte: Form, Klang, Geruch, Geschmack, Berührbares und Objekte des Geistes
  • Sinnesbewusstseinsbereiche: Sehbewusstsein, Hörbewusstsein, Riechbewusstsein, Schmeckbewusstsein, Körperbewusstsein und Geistbewusstsein

Diese 18 Elemente sind untereinander abhängig und weisen somit auch kein eigenständiges, unabhängiges, festes Selbst auf.

Beispiel: Für eine Wahrnehmung (bspw. Sehbewusstsein) muss es zu einem Kontakt zwischen Sinnesorgan (in diesem Fall: Augen) und Sinnesobjekt (Form) kommen.

Die vorangegangenen Ausführungen bezeichnete Buddha auch als die Lehre vom Entstehen in Abhängigkeit. Direkt an diese Lehre ist das Prinzip der Leerheit gekoppelt: Mit Leerheit ist die Beschaffenheit aller Dinge gemeint: Die Leerheit von einem Selbst. Oder um es verständlicher zu formulieren: Keines der existierenden Dinge besitzt ein Selbst. Der Grund für die Leerheit ist in den vorangegangenen Ausführungen zum Entstehen in Abhängigkeit zu finden: Nichts existiert aus sich heraus, alles ist abhängig von anderen Elementen. Im Prinzip könnte man also sagen, dass Leerheit und das Entstehen in Abhängigkeit zwei Seiten der gleichen Medaille sind.

Wichtig ist in diesem Zuge laut Buddha genau zu differenzieren. Denn die Verneinung eines aus sich selbst heraus existierenden Selbst bedeutet nicht, dass er das Leben und die Existenz von Dingen bestreitet:

„Ich habe niemals Nihilismus gelehrt. Nie habe ich andere dazu angehalten, das Leben zu verneinen. […] unter all den falschen Auffassungen gibt es zwei, die die Menschen am meisten verwirren- die Auffassung vom Sein und die Auffassung vom Nicht-Sein. Die erste Auffassung betrachtet alle Dinge, als besäßen sie eine beständige und eigenständige Selbst-Natur. Die zweite betrachtet alle Dinge als seien sie Illusion. Bist du in einer dieser Auffassungen gefangen, so kannst du die Wahrheit nicht erkennen. […] Sein und Nicht-Sein sind Vorstellungen, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Die Wirklichkeit überschreitet die Begrenztheit solcher Vorstellungen.“

 

Auch Tod und Geburt sind Produkte der Unwissenheit

Auch Tod und Geburt sind in diesem Lichte zu betrachten. Denn Tod und Geburt sind Vorstellungen von einer Endgültigkeit und Unabhängigkeit, die es in dieser Form nicht gibt. Um dies zu verdeutlichen bedient sich Buddha eines Beispiels:

Er fragt einen seiner Schüler, wann der Bodhi-Baum (unter dem Buddha die Erleuchtung erlangt hatte) geboren wurde. Auf die Antwort, dass der Baum geboren wurde, als der Keime erste Wurzeln trieb, antwortet Buddha:

„Willst du damit sagen, dass der Bodhi-Baum aus Nichts entstanden ist? […] Im ganzen Universum gibt es kein Dharma, das aus Nichts entstehen könnte. Ohne den Keim könnte es keinen Bodhi-Baum geben. Der Bodhi-Baum verdankt seine Existenz dem Keim. Der Baum ist die Fortsetzung des Keims. Bevor der Keim Wurzeln in die Erde trieb, war der Baum in dem Keim bereits gegenwärtig. Ist ein Dharma aber bereits vorhanden, wie kann es da erst geboren werden? Die Natur des Bodhi-Baums ist ohne Geburt.“

Buddha fragt weiter, ob der Keim gestorben ist, als er Wurzeln in die Erde trieb. Sein Schüler bejaht die Frage, und Buddha führt weiter aus:

„[…] der Keim starb nicht! Zu sterben bedeutet, vom Sein zum Nicht-Sein überzugehen. Gibt es ein einziges Dharma im ganzen Universum, das vom Sein zum Nicht-Sein übergehen kann? Ein Blatt, ein Staubkorn, der emporsteigende Rauch eines Räucherstäbchens- keins dieser Dinge kann vom Sein zum Nicht-Sein übergehen. Alle diese Dharmas wandeln sich in andere Dharmas um, das ist alles. So ist es auch mit dem Keim des Bodhi-Baums. Der Keim stirbt nicht. Er wandelt sich zu einem Baum. Der Keim und der Baum sind beide ungeboren und todlos. […] Alle Dharmas sind ohne Geburt und ohne Tod. Geburt und Tod sind nur Vorstellungen, Begrifflichkeiten. Alle Dharmas sind weder voll noch leer, weder geschaffen noch zerstört, weder unrein noch rein, weder zunehmend noch abnehmen, weder kommend noch gehend, weder eins noch viele. Das alles sind Vorstellungen.“

Wie Unwissenheit untereinander verknüpft ist

Buddha vertieft seine Ausführungen zur Unwissenheit durch die Lehre der zwölf Kettenglieder der Existenz. Die zwölf Kettenglieder der Existenz sind die Bedingungen, die vorherrschen, damit man sich in Unwissenheit verstricken kann. Existiert ein Kettenglied nicht, können sich die anderen auch nicht mehr halten.

Die zwölf Kettenglieder sind: Unwissenheit, Triebkräfte/Impulse, Bewusstsein, Name/Form, die sechs Sinnesorgane, Berührung, Empfindungen, Begehren, Ergreifen, Werden, Geburt und Tod

Buddha stellt in seiner Ausführung eine Kausalkette auf:

  • Die Vorstellung von Tod gründet auf der Vorstellung Geburt.
  • Die Vorstellungen von Geburt und Tod fußen wiederum auf der falschen Sichtweise von Selbst
  • Die falsche Sichtweise von Selbst entsteht wiederum durch Ergreifen, welches in Begehren seinen Ursprung hat.
  • Begehren ist dadurch begründet, dass man nicht in die wahre Natur der Empfindungen hineinschaut.
  • Man schaut nicht in die wahre Natur der Empfindungen hinein, da man in dem Kontakt zwischen den Sinnesorganen und den Sinnesobjekten gefangen ist.
  • Man ist wiederum gefangen, weil der eigene Geist nicht klar und ruhig ist und weil es Triebkräfte und Impulse gibt
  • Triebkräfte und Impulse sind wiederum durch Unwissenheit bedingt

Hinweis zu –  Buchrezension: Wie Siddhartha zum Buddha wurde:
Dieser Artikel ist Teil der Artikelserie „Buchrezension: Wie Siddhartha zum Buddha wurde“. In dieser Serie wird das Buch von verschiedenen Perspektiven beleuchtet, um dem Umfang dieses Werkes gerecht zu werden.

Übersichtsseite zur Artikelserie:
Siddhartha zum Buddha

Zusammenfassung der Lehre (hier geht es weiter):

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