Autor

Pema Chödrön
übersetzt von: Thomas Geist

Genre

Roman

Level

für Fortgeschrittene

Einleitung

Das Buch „Wenn alles zusammenbricht“ * richtet sich an alle Menschen, die schwierige Zeiten durchmachen. Es soll Hilfestellung bieten und einen Weg aufzeigen, wie mithilfe buddhistischer Lehren in gerade diesen schwierigen Situationen persönliches Wachstum möglich ist. Soweit zur Theorie – und zum Klapptext. Tatsächlich ist dieser Klapptext jedoch etwas irreführend. Ich selbst wollte das Buch einer mir nahestehenden Person in einer schwierigen Situation schenken. Nachdem ich das Buch jedoch „Probe-gelesen“ habe, entschied ich mich gegen das Weiterverschenken.

Denn auch wenn das Buch in einer gewissen Art und Weise hält, was es verspricht, ist es gleichzeitig bei einer dringlich unschönen Situation höchstwahrscheinlich nicht hilfreich. Oder wie es ein Amazon-Kunde so schön formulierte:

Wenn Sie gerade eine akute Lungenentzündung haben, dann gehen Sie lieber zum Arzt und folgen seinen konkreten Anweisungen.
Wenn Sie jedoch schon lange und chronisch Probleme mit den Atemwegen haben, kann ein Besuch in den Bergen mittelfristig wirklich helfen und Besserung bringen.

Zitat: Wes Cabro, Amazon

Das Buch gleicht einem Besuch in den Bergen. Mittelfristig wirkende Medizin. Was heißt das aber nun im Konkreten? Und worum geht es inhaltlich genau?

Hinweis: Dieser Artikel soll einen kurzen Einblick und Einschätzung zu dem Buch geben. Für alle Leser, die sich auch inhaltlich tiefergehend mit dem Buch befassen wollen, bietet sich die dreiteilige inhaltliche Zusammenfassung dieses Werkes an. (siehe auch rechte Seite)

 

Überblick

Solange du nach Sicherheit suchst, bist du verloren.“ So ließe sich das Buch in einem Satz zusammenfassen. Denn unangenehme Situationen, Schwierigkeiten oder Probleme sind laut Chödrön nicht das eigentliche Problem. Das eigentliche Problem ist vielmehr, wie wir mit den Dingen umgehen. Sobald Leid auftritt, wollen wir es schnellstmöglich lindern, uns ablenken oder anderweitig flüchten. Die zugrundeliegende Motivation dafür: Unser Bedürfnis nach Sicherheit. Doch mit diesem zutiefst menschlichen Bedürfnis, gekoppelt mit unserer üblichen Vorgehensweise, schaffen wir uns nur mehr und mehr Leid.

Chödrön ermutigt den Leser daher, sich auf eine spirituelle Entdeckungsreise zu begeben:

Spiritualität richtig verstehen

Diese spirituelle Entdeckungsreise kann beim Buddhismus und der Meditation anfangen. Man lernt die verschiedenen Lehren kennen, u.a. die Einsichtsmeditation oder die Vajrayana-Lehren. Die ersten Erkenntnisse sind faszinierend – jedoch nicht das Ende der Fahnenstange.

Denn früher oder später wird man in seiner Praxis mit neuen Erfahrungen, dem Unbekannten, konfrontiert. Naturgemäß empfindet man Angst und gerade in dieser Angst geht es darum, gewissermaßen einen „kühlen Kopf“ zu behalten. Denn statt wie üblicherweise mit Flucht oder Ablenkung auf diese Angst zu reagieren, geht es in der Spiritualität darum, dieser Angst zu begegnen. Doch Angst ist nicht die einzige Emotion, der es zu begegnen gilt. Das Prinzip gilt letztlich für alle unangenehmen Emotionen und Situationen, die uns ereilen. In jeder dieser Situationen geht es darum,

  • aufzuhören, anderen die Schuld zu geben oder sich selbst rechtzufertigen
  • sich auf die pulsierende Situation einzulassen

Wenn wir in dieser Art und Weise vorgehen und den Dingen Raum geben, folgt die Heilung automatisch. Bevor hier jedoch Missverständnisse aufkommen, stellt Chödrön klar:

Wir glauben, es ginge darum, die Prüfung zu bestehen und das Problem zu überwinden, aber in Wirklichkeit gibt es gar keine Lösung.

Genau dieses Denken führt nämlich dazu, dass wir uns in Sicherheit wiegen und Spiritualität missverstehen. Denn es geht nicht darum, in den Himmel zu kommen oder an einen Ort, an dem alles vollkommen ist. In dieser Weise klammern wir uns an eine nicht existente Sicherheit und Stabilität und missachten, dass alle Dinge aus sich heraus vergänglich und stets im Wandel sind (d.h. nicht fest und stabil)

ein Werkzeug der Spiritualität: Meditation

Im vorigen Klapptext wurde vollmundig beschrieben, wie wichtig es ist, sich unangenehmen Situationen zu stellen – ohne jedoch genau auszuführen, wie das genau gehen soll…

Es fängt alles beim gegenwärtigen Moment an. Nur im gegenwärtigen Moment können wir auf eine unangenehme Situation in angemessener Weise reagieren:

  1. Wir können aufhören, in unseren gewohnten Handlungsmustern zu reagieren, d.h. in unseren Emotionen zu schwelgen oder sie zu unterdrücken.
  2. Wir können anfangen, den Bereich zwischen schwelgen und unterdrücken, den gegenwärtigen Moment, wahrzunehmen. Und wenn dieser gegenwärtige Moment eine unangenehme Emotion beinhaltet, gilt es auch diese, einfach nur wahrzunehmen.

Was hat das Ganze nun mit Meditation zu tun?

Letztlich: Alles. Denn die Meditation ist ein Werkzeug, mit dem genau das zuvor Beschriebene umgesetzt werden kann. Meditation befähigt uns erst, den gegenwärtigen Moment wahrzunehmen- und alles, was dieser beinhaltet. So lernt man mit fortschreitender Meditationspraxis immer präziser Gedanken und Emotionen wahrzunehmen – und erkennt, wie man gerade am Anfang stark dazu neigt, entweder zu schwelgen oder zu unterdrücken. Nach und nach lernt man dann, weder zu schwelgen noch zu unterdrücken. Man lässt los und entwickelt eine Position, in der man alles, was erscheint, lediglich erkennt – ohne es zu beurteilen.

Während man in dieser Art und Weise in der Meditation übt, wirkt sich das Gelernte auch ganz automatisch auf den Alltag aus. Man schafft es sich selbst in Situationen besser zu erfassen und hört schließlich auf zu kämpfen und entspannt sich. Statt innerlich alles zu kommentieren kehrt man in den gegenwärtigen Moment zurück. Chödrön hat die Bedeutung der Meditation schön auf den Punkte gebracht:

Wir sitzen nicht in der Meditation, um gute Meditierer zu werden; wir meditieren, um in unserem Leben wacher zu sein. 

Basis von Allem: liebevolle Güte, Mitgefühl

Wenn wir uns in der Meditation üben, merken wir, dass wir häufig zu stark mit uns selbst ins Gericht gehen. Chödrön sagt dazu ganz passend:

Ein Buddhist ist jemand, der entweder meditiert oder Schuldgefühle hat, dass er nicht meditiert.

Auch abseits der Meditation sind häufig die Zeiten die schwersten, in denen man sich selbst das Leben schwer macht. Chödrön betont daher, dass es in der spirituellen Übung vor allem wichtig sei, mit sich selbst und anderen Freundschaft zu schließen. Statt also seine eigene Missbilligung ernst zu nehmen und sie damit zu trainieren, geht es darum das Gegenteil zu trainieren: Freundlichkeit und Loslassen. Und das funktioniert nur, wenn wir achtsam genug sind, unsere Mechanismen zu erkennen, um daraufhin Mitgefühl für das Wahrgenommene entwickeln zu können. ( hier schließt sich der Kreis wieder)

Zusammengefasst bringt es Chödrön schön auf den Punkt:

Von Anfang bis Ende gilt: In unser eigenes Herz zu blicken, um die Wahrheit zu finden, ist nicht bloß eine Frage der Aufrichtigkeit, sondern ebenso auch der mitfühlenden Achtung vor dem, was wir zu Gesicht bekommen.

 

Persönliche Einschätzung

Wie eingangs erwähnt habe ich mir unter dem Titel ehrlicherweise etwas anderes vorgestellt. Das macht das Buch nicht schlecht – aber ziemlich anders. Es ist sehr intim und gleichzeitig stark auf die buddhistische Lehre fokussiert. Und wenn man den Titel von einer anderen Perspektive her sieht, ergibt alles wieder einen Sinn:

Es geht nicht um Schicksalsschläge, die einen verzweifeln lassen und einer konkreten Hilfestellung und Anleitung bedürfen. Nein, es geht um das Dilemma des Lebens selbst: Darum, dass wir in manchen Momenten die Unerträglichkeit des Lebens zu spüren bekommen und darum, wie genau mit diesem Lebensdilemma, dem Leben selbst umgegangen werden muss. Die Autorin bringt dabei viele Beispiele aus ihrem Leben und die Offenheit, mit der sie berichtet, lässt einen gut reflektieren und hat mich an vielen Stellen an meine eigenen Emotionen, Gedanken und Reaktionen erinnert.

Das Buch ist trotz all dem ganz schön harter Tobak. Nicht selten habe ich mehrere Minuten auf einer Seite verbracht, versucht zu verstehen und nachzuempfinden. Leicht geschrieben ist das Werk nicht, zudem ist es für meinen Geschmack nicht sonderlich gut strukturiert. Einige Aussagen und Themen wiederholen sich häufig und werden an verschiedenen Stellen weitergeführt und komplettiert. Und auch für den spirituell wertend-ablehnenden Geist mag sich dieses Werk nicht unbedingt eignen. Denn es gibt einige Passagen, die arg spirituell-mystisch angehaucht rüberkommen können.

Schafft man es darüber hinwegzusehen, bekommt man tiefe Einblicke in das Gedankengut des Buddhismus und im Spezielleren in den tibetischen Buddhismus. Mit Dingen wie Sem, Ripga oder Tonglen greift Chödrön sehr interessante, einleuchtende tibetische Konzepte auf. Und auch sonst sind die (leider etwas versteckten) Kernaussagen des Buches meines Erachtens nach tiefgehend, intelligent und insgesamt sehr, sehr wertvoll.

Kurz zusammengefasst: „Wenn alles zusammenbricht“ ist ein intimes und gleichzeitig sehr buddhistisches Buch. Es beleuchtet das Lebensdilemma von buddhistischer, insbesondere tibetischer Seite. Deutliche Schwächen hat das Buch in der Struktur und im Lesefluss. Insgesamt ist das Buch aufgrund seiner Kernaussagen zu empfehlen.  

 

Wertung

(entgegen aller Weisheit in Fernost, das Urteilen zu lassen…)

P

sehr gute Kernaussagen

P

schöne, persönliche Beispiele für Situationen oder Probleme

P

greift sehr interessante buddhistische Konzepte auf

O

wiederholend

O

unstrukturiert

O

kein schöner Lesefluss

O

für Buddhismus-Neulinge ungeeignet

Link zu dem Buch: Wenn alles zusammenbricht *

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