Hinweis: Dieser Artikel ist eine Ergänzung zu dem Artikel: „Buchrezension: Wenn alles zusammenbricht

Einleitung

Das Buch „Wenn alles zusammenbricht“ dreht sich um einige wichtige Kernaussagen, die in der Buchrezension zusammmengefasst worden sind.

In dieser dreiteiligen inhaltlichen Aufbereitung sollen textnah und strukturiert diese Kernaussagen detaillierter ausgeführt werden. Gleichzeitig wird auf viele weitere buddhistische Themen eingegangen, die alle letztlich alle auf den Kernaussagen Fußen. Um den Leser vorab einen kurzen Eindruck zu verschaffen, was ihn erwartet, ein kurzer Überblick über alle drei Artikel:

Inhaltlicher Überblick Teil I

In dem ersten Teil wird die Grundlage für das Verständnis der restlichen Texte gelegt. Der Ausgangspunkt sind unsere Gewohnheitsmuster, mit denen wir angenehme Dinge suchen und unangenehme Dinge meiden möchten. Diese Gewohnheitsmuster führen zu Leid und sollten daher durchbrochen werden. Das funktioniert am besten mit Meditation. Meditation alleine reicht jedoch nicht: es ist genauso wichtig sich in der Meditation gütig gegenüber sich selbst und den aufkommenden Gedanken und Emotionen zu verhalten. In letzter Instanz geht es dann darum,den Moment zwischen Entstehen eines Gedankens und dem Impuls, diesen Gedanken weiterzuverfolgen, wahrzunehmen. Und diesen Impuls dann loslassen können- indem man sich zurückhält.

Inhaltlicher Überblick Teil II

In dem zweiten Teil wird auf die Dinge eingegangen, die angenehm sind und wir entsprechend suchen und auf die Dinge, die unangenehm sind und wir entsprechend vermeiden möchten. Darauf basierend wird eingegangen, wie man mit diesen Dingen (sog. Dharmas) am besten umgehen sollte. (siehe auch: Teil I) Anhand der Einsamkeit wird dies noch einmal detaillierter aufzeigt.

Es folgen die drei Wahrheiten unseres Lebens und auch hier: unser falscher Umgang mit diesen. In Form der vier Maras wird abschließend der falsche Umgang in vier „Hauptprobleme“ systematisiert.

Inhaltlicher Überblick Teil III

In dem letzten Teil der Zusammenfassung wird das Thema Güte und Mitgefühl erneut aufgegriffen und vertieft. Die Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden basiert demzufolge darauf, inwieweit man sich selbst ggü. Mitgefühl empfinden kann und sich von seinen Gewohnheitsmustern lösen kann.

Es folgen die sechs Paramitas: Handlungen, die uns dazu bringen, die Gewohnheitsmuster zu lösen und drei weitere Übungen, die es gerade auch in schwierigen Situationen zu berücksichtigen gilt. Schließlich kommt das letzte Aufgebot: der radikale Appell, alles, aber auch wirklich alles, was sich bietet zu nutzen, um in der Gegenwart zu sein und die Wirklichkeit wahrzunehmen.

Zuletzt folgt die Einordnung: Ja, es ist nicht immer einfach die Lehre in die Praxis umzusetzen. ABER: das Ganze ist ein Weg. Und jeder Schritt auf dem Weg zählt.

Grundlage der spirituellen Praxis: Meditation

Der Anfang jeglicher spirituellen Erfahrung ist das Gefühl von Macht- und Hoffnungslosigkeit, Angst und letztlich jeder unangenehmen Emotion. In diesen Situationen handeln wir normalerweise nach gängigen Gewohnheits- und Reaktionsmustern: Wir geben anderen die Schuld oder rechtfertigen uns selbst. In der ein oder anderen Form versuchen wir stets auszuweichen oder zu einer Lösung zu finden. Dies fußt auf unserer natürlichen Angewohnheit, Leid zu vermeiden und das Angenehme zu suchen. Das Fixieren, Greifen und Festklammern dieser Gewohnheits- und Reaktionsmuster (letztlich: ein Kampf um Sicherheit) führt letztlich jedoch zu mehr und mehr Leid.

Chödrön schlägt daher eine Alternative vor: Sich auf die jeweilige Situation einzulassen.

Das heißt im Konkreten, dass man nicht in Emotionen schwelgt oder sie unterdrückt, sondern die Emotionen im gegenwärtigen Moment einfach nur wahrnimmt. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Um das umzusetzen, was sich so einfach sagen lässt, betont Chödrön den Wert der Meditation.

Meditation befähigt uns erst, den gegenwärtigen Moment und alles was dieser beinhaltet, bewusst wahrzunehmen. Wir versuchen, unsere Gedanken und Emotionen zu beobachten… und stellen fest, wie wir stets dazu neigen entweder in diesen zu schwelgen oder sie zu unterdrücken. Mit fortschreitender Meditationspraxis lernen wir, Gedanken und Emotionen nicht weiter zu kommentieren oder zu beurteilen und finden eine Position, in der wir alles, was erscheint, lediglich wahrnehmen.

 

Worauf es bei der Meditation ankommt

In Ergänzung zu dieser recht theoretischen Ausführung widmet Chödrön ein Kapitel der konkreten Meditationstechnik und beschreibt, wie ihr Meditationslehrer seine Anweisungen nach und nach erweitert hat. Basis der Meditation ist den Geist zu öffnen und sich zu entspannen. 

Sitzhaltung in der Meditation

Dazu bedarf es zunächst einer guten Sitzhaltung, die Chödrön in sechs Punkten beschreibt:

  1. Die Sitzfläche sollte eben sein, sie sollte weder nach rechts/links oder vorn/hinten geneigt sein
  2. Die Beine sind bequem vor sich zu kreuzen. (sitzt man auf einem Stuhl, stellt man die Füße flach auf den Boden)
  3. Der Oberkörper ist aufrecht, mit geradem Rücken und offener Brust.
  4. Die Hände sind geöffnet und ruhen mit den Handflächen auf den Oberschenkeln
  5. Die Augen sind geöffnet, der Blick ist ca. einen Meter vor sich nach unten gerichtet
  6. Der Mund ist leicht geöffnet, der Unterkiefer ist entspannt. Die Zungenspitze berührt den oberen Gaumen.

 

Meditationsobjekt

In der Meditation selbst geht es zunächst darum, die Aufmerksamkeit auf das Ausatmen des Atems zu richten. Denn: Das Ausatmen kommt dem Ruhenlassen des Geistes am nächsten, während man gleichzeitig noch ein Objekt hat, auf das man zurückgreifen kann. Wichtig ist, dass dem Atem nur ein kleiner Teil der Aufmerksamkeit gewidmet wird (25%). Die restliche Aufmerksamkeit gilt der Wahrnehmung der Umgebung. Um dazu den Raum zu schaffen, verzichtet man auf die Beobachtung des Einatmens.

Während man meditiert, kommen natürlicherweise Ablenkungen auf und man verstrickt sich in Gedanken. In dem Moment, in dem man dies wahrnimmt, geht es darum die Gedanken kurz als „Gedanken“ zu benennen und danach wieder zum Atem zurückzukehren. Unabhängig davon, wie häufig und tief man sich in Gedanken verstrickt – die Übung bleibt die gleiche: geduldig und immer wieder zu benennen und zum Atem zurückkehren.

 

Zur inneren Haltung

Abseits dieser praktischen Anweisung beschreibt Chödrön sehr schön, wie wichtig es ist, sich selbst gegenüber in der Meditation richtig zu verhalten. Alles fängt mit einer mitfühlenden Haltung gegenüber einem selbst an. Wenn man merkt, dass man ständig abschweift, benennt man dies sanft und offen – ohne sich für seine „Leistung“ oder „Nicht-Leistung“ zu verurteilen. Den Strom der Gedanken als unaufhörlich und unveränderbar anzuerkennen und die Natur der Gedanken zu erforschen – das kann nur mit Respekt und Mitgefühl für das Wahrgenommene gelingen.

In diesem Sinne ist es Chödrön zufolge genauso falsch, unangenehme Gefühle vermeiden zu wollen und angenehme Gefühle zu bevorzugen. Jegliche Form von Urteilen und Wählen und infolge dessen von Unterdrücken oder Greifen widerspricht dem Kern der Meditation. Chödrön beschreibt es folgendermaßen:

„Allen Ginsberg benutzte den Ausdruck „Überraschungsgeist“. Man sitzt da und – rumms! – kommt eine ziemlich böse Überraschung zum Vorschein. In Ordnung. Sei’s drum. Dieser darf nicht abgewiesen, sondern muss mitfühlend als „Denken“ anerkannt und losgelassen werden. Dann – ahh!- erscheint eine ganz erfreuliche Überraschung. In Ordnung. Sei’s drum. Auch dieser Teil darf nicht fest gehalten, sondern muss mitfühlend als „Denken“ erkannt und losgelassen werden.“

Das Kapitel beendet Chödrön mit einem wichtigen Hinweis: Am Anfang kann Meditation aufregend sein, man erhofft sich einiges. Im Endeffekt verläuft sich diese Aufregung naturgemäß und dann kommt es einfach darauf an, sich immer wieder die Zeit zu nehmen sich hinzusetzen. Diese Wiederholung ist, wenn richtig durchgeführt, Belohnung in sich.

 

 

Frieden mit sich selbst schließen

Das zuvor in der Meditation Beschriebene vertieft Chödrön in weiteren Kapiteln. Die mitfühlende Haltung gegenüber einem selbst ist nicht nur in der Meditation von Belang. Tatsächlich geht es in unserem Leben prinzipiell darum, Frieden mit uns selbst zu schließen und liebevolle Güte zu entwickeln. Diese liebevolle Güte wird im tibetischen Buddhismus „Maitri“ genannt.

Auch die Vorgänge in unserem Geist werden durch den tibetischen Buddhismus näher beschrieben und in Sem und Rigpa unterteilt:

  • Sem: jegliches diskursives Denken mit dem wir fortlaufend unser Selbstbild bestätigen
  • Rigpa: bezeichnet den „Weisheitsgeist“, der hinter allen Wünschen, Urteilen und Wählen zum Vorschein kommt

Sem und Rigpa sind voneinander abhängig: In dem Maße, in dem Sem in den Hintergrund gerät, kommt Rigpa zum Vorschein. Chödrön nutzt folgende Analogie, um diese Beziehung zu verdeutlichen:

„In Nepal bellen die Hunde die ganze Nacht. Aber etwa alle zwanzig Minuten hören sie plötzlich gleichzeitig auf – eine Erfahrung von unglaublicher Erlösung und Stille. Dann bellen sie wieder weiter. So fühlt sich der kleine Geist, Sem manchmal auch an.“

Wie schon in der Meditation beschrieben, geht es nicht darum, seine Gedanken (Sem) abzulehnen, sondern Sem mit Mitgefühl (Maitri) zu begegnen. Dann zieht sich Sem zurück und Rigpa kommt zum Vorschein. In diesem Zusammenhang betont Chödrön noch einmal, dass es wichtig ist, Maitri richtig zu verstehen: Maitri ist kein Werkzeug der Selbstoptimierung und soll kein Problem lösen. Stattdessen geht es bei Maitri um folgendes:

„Wir kämpfen nicht um die Beseitigung von Schmerz oder darum, ein besserer Mensch zu werden. Tatsächlich geben wir die Kontrolle auf und lassen Konzepte und Vorstellungen abfallen. Es beginnt mit der Erkenntnis, dass alles, was geschieht, weder Anfang noch Ende hat. Es ist die immer gleiche menschliche Erfahrung, die gewöhnliche Menschen seit jeher machen. Gedanken, Emotionen, Stimmungen und Erinnerungen kommen und gehen, wobei das grundlegende Jetzt ständig da ist. Für niemanden ist es je zu spät, den Geist anzuschauen. Wir können uns jederzeit hinsetzen und Raum für alles entstehen lassen. […] Ohne zu urteilen, ohne den Vorlieben und Abneigungen zu folgen, können wir uns immer und immer wieder ermutigen, einfach hier zu sein.“

Wenn man in dieser Weise übt und mit der „offenen Weite von Rigpa“ Kontakt hergestellt hat, dehnt sich Rigpa in immer mehr Bereiche des Lebens aus: In unseren Groll, in unsere Angst, in unsere Konzepte und Meinungen. Und wir geben unseren Widerstand gegen das Leben nach und nach mehr auf.

 

 

Nach Achtsamkeit kommt Zurückhaltung

In den vorangegangenen Kapiteln wurde die Wichtigkeit von Mitgefühl (Maitri) mit unseren Vorgängen im Geist (Sem und Rigpa) betont. Dieses gilt es im Rahmen der Meditation und im Alltag mit Achtsamkeit zu entwickeln. Wenn Achtsamkeit das Ziel darstellt, soll es in diesem Kapitel um den Weg zu diesem Ziel gehen: Zurückhaltung.

Mit Zurückhaltung ist gemeint, nicht jedem Impuls sofort nachzugehen, sondern ihm zunächst Raum zu geben. Man hält inne und erkennt, dass es noch etwas zwischen dem Entstehen des Begehrens und der Handlung gibt:

„Unter unserem gewöhnlichen Leben, unter all unserem Gerede, all unseren Bewegungen, all den Gedanken in unserem Geist liegt eine fundamentale Bodenlosigkeit. Sie ist immer vorhanden und lässt sich niemals restlos verdrängen. Wir erleben sie als Rastlosigkeit und Gereiztheit. Wir erleben sie als Angst.“

Die typische Reaktion auf diese Bodenlosigkeit ist, dass man jede Ablenkung ergreift, die sich ergibt. Man redet, handelt oder denkt, statt sich zu entspannen. So rast man ständig durch sein Leben. Zurückhaltung ist der entgegengesetzte Weg hierzu. Man fängt an mit sich und allem, was zum Vorschein kommt, ins Reine zu kommen. Statt impulsiv auf die Dinge zu reagieren und den sich ergebenden offenen Raum sofort zu stopfen, hält man inne und nimmt achtsam wahr. Dadurch freundet man sich mit sich selbst auf der tiefstmöglichen Ebene an.

Eine Folge des Ganzen ist, dass ein grundlegendes Wohlbefinden von Körper, Sprache und Geist einsetzt. Man wird jede Zwanghaftigkeit los und richtet damit bei sich selbst und anderen Menschen keinen Schaden mehr an.

Hinweis zu –  Buchrezension: Wenn alles zusammenbricht :
Dieser Artikel ist Teil der Artikelserie „Buchrezension: Wenn alles zusammenbricht“. In dieser Serie wird das Buch zum einen kurz vorgestellt und bewertet und zum anderen inhaltlich umfassend aufbereitet. 

Übersichtsseite zur Artikelserie:
Buchrezension: Wenn alles zusammenbricht

Inhaltliche Zusammenfassung:

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